GELD-Magazin, Dez. 2021 / Jän. 2022
Die Partei ist alles. Eines ist jedenfalls klar: Viele Freunde in China haben sich das Autorenduo Clive Ha- milton und Mareike Ohlberg mit diesem Buch nicht ge- macht. Der englische Originaltitel lautet: „Hidden Hand. Exposing how the Chinese Communist Party is Reshaping the World“. Das beschreibt die Grundintention des Werks besser als die deutsche Übersetzung: Es geht um die fak- tische Allmacht der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh), und diese ist tatsächlich beeindruckend, besser gesagt: erschreckend. So erfährt man zum Beispiel, dass die zwei Millionen Mann starke Volksarmee eigentlich gar nicht dem Staat, sondern der KPCh untersteht. Wobei die Partei zwar fest im Sattel sitzt, aber dennoch unter ei- ner gewissen Paranoia gegenüber angeblich umstürzle- rischen Bewegungen und „westlicher Infiltrierung“ leidet. Ergo: Die KPCh will sich mit allen Mitteln an der Macht halten. Dafür werden Wirtschaft und Gesellschaft im ei- genen Land auf Linie gebracht. Dem nicht genug, es wur- de auch ein weitreichendes Programm entwickelt, mit dem China die westlichen Demokratien unterwandern und eine neue Weltordnung etablieren will. So zumindest Ohlberg und Hamilton, beides erwiesene China-Kenner. Dabei setzt das Reich der Mitte (eigentlich die KPCh) nicht nur seine Wirtschaftsmacht als Waffe ein, sondern die gesamte Bandbreite der Politik. Der Aufstieg zur Welt- macht scheint dabei unaufhaltsam. Das negative Fazit lautet: Lange erwartete der Westen, dass sich China mit zunehmendem Wohlstand demokratisieren würde. Lei- der ist das Gegenteil der Fall. Die lautlose Eroberung Hamilton/Ohlberg. Verlag: DVA. 494 Seiten. ISBN: 978-3-421-04863-9 BUCHTIPPS . Neuerscheinungen & Pflichtlektüre Credits: beigestellt 4,5 Milliarden Einwohner. Auch dieses Buch setzt sich ausführlich mit China auseinander, es ist aber breiter ge- fasst als „Die lautlose Eroberung“ (siehe links). So führt der in Indien geborene Politikwissenschaftler und Autor Parag Khanna aus, dass Asien mehr ist als „nur“ das Reich der Mitte. Er erinnert daran, dass China die immense Be- völkerungszahl von rund 1,4 Milliarden Menschen auf- weist, der gesamte Kontinent aber 4,5 Milliarden Men- schen beherbergt. Auch ruft er ins Gedächtnis, dass der westliche Asien-Begriff zu eng gefasst ist. Denn geogra- fisch gesehen gehören zum Beispiel auch die Arabische Halbinsel oder Länder wie Iran und natürlich (zum größ- ten Teil) Russland zu Asien. Die kulturelle sowie sprach- liche Vielfalt ist enorm, die Rohstoffvorkommen reich- lich, die wirtschaftliche Power mehr als massiv. Asien weist heute zwei Drittel der Megacitys unseres Planeten und ebenso zwei Drittel des weltweiten Wirtschafts- wachstums auf. Tendenz weiter steigend. Kein Wunder, dass Khanna zu dem Ergebnis kommt: „Das 19. war das europäische, das 20. das amerikanische Jahrhundert – und das 21. wird das asiatische Jahrhundert sein. Die Verschiebung der globalen Machtverhältnisse wird die Welt verändern und, wo es nicht schon so weit ist, bald alle Bereiche unseres Lebens beeinflussen.“ Wo bleibt bei dieser Prognose der Westen? Auf längere Sicht geht es dem Autor zufolge um eine Synthese von West und Ost: von Liberalismus und Holismus (ganzheitlichem Den- ken), Demokratie und Technokratie. Problematisch da- ran: Dem Westen scheint das noch nicht klar zu sein. Unsere asiatische Zukunft Parag Khanna. Verlag: Rowohlt. 491 Seiten. ISBN: 978-3-7371-0002-1 82 . GELD-MAGAZIN – Jänner 2022
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