GELD-Magazin, November 2021

„Fossile Brennstoffe bleiben sehr interessant“ Hi Jim, passend zum 250. Jubiläum der Wiener Börse einige Fragen zu Ihrer aktu- ellen Anlagestrategie. Schließlich hat Ihre Empfehlung für rot-weiß-rote Aktien in einem renommierten US-Investment- magazin die Wiener Börse 1985 wachge- küsst. Sind Sie noch in Österreich inve- stiert? Ich liebe Österreich, wie Sie wissen, aber in- vestiert bin ich hier nicht mehr. Ich habe vom jüngsten Höhenflug der Wiener Börse natürlich gehört, aber das macht sie für mich uninteressant. Ich mag nichts, was teu- er ist. Ich halte Ausschau nach super güns- tigsten Investments – hoffentlich bald auch wieder auf Reisen. Ich suche das Abenteuer, auch beim Anlegen. Und wo finden Sie das gerade? Nicht bei Bonds, da sehe ich weltweit eine Blase. Anleihen waren in der Geschichte noch nie so teuer. Ich kaufe momentan auch keine Immobilien, auch hier gibt es vieler- orts Blasen – denken sie nur an Korea oder Neuseeland. Aber selbst bei Aktien muss man selektieren: z.B. Amazon oder Samsung, diese Aktien steigen ständig und wir sehen auf den Aktienmärkten weltweit noch keine Blasen. Echt günstig sind derzeit aber Roh- stoffe. Gold ist von seinem All Time High zehn bis 15 Prozent entfernt, Silber 60 Pro- zent und Zucker 70 Prozent. Viele Rohstoff- preise lagen im Oktober 50 bis 60 Prozent unter ihren Höchstständen. Da würde ich jetzt investieren. Wo genau? In Silber oder Zucker? Uran ist in den letzten zwölf Monaten um 120 Prozent gestiegen. Ist das jetzt noch ein Investment wert? Ich besitze noch Uran. Für einen Kauf wäre es mir aber jetzt schon zu teuer. Wie gesagt, Silber ist günstig. Wenn Silber und Gold noch weiter nachgeben, schlage ich zu – wo- bei ich Silber bei den derzeitigen Preisen at- traktiver finde. Ich bin aber auch in Energie veranlagt und jetzt sogar Direktor einer Koh- lemine in Indonesien, in die ich jüngst inve- stiert habe. Ich liebe Gelegenheiten bei he- runtergekommenen Unternehmen. Befürchten Sie nicht bei den Debatten um den Klimaschutz in sogenannte Stranded Assets zu investieren? Ja, natürlich. Ich sehe, dass weltweit die Menschen fordern, dass man Kohlekraft- werke schließt, Öl nicht mehr fördert und überhaupt aus fossilen Brennstoffen aus- steigt. Das ist o.k., aber es gibt z.B. nicht ge- nügend Elektrizität in China. Nicht einmal England hat genügend Energie, weder Öl noch Erdgas, geschweige denn Elektrizität oder genügend Atomkraft. Ist Ihnen Klimaschutz nicht wichtig? Sie haben doch auch zwei junge Töchter? Schauen Sie, es gibt nicht genügend Wind- energie, schon gar nicht in den Emerging Markets. Die Preise für Kohle gehen durch die Decke. Niemand in Indonesien fordert, dass wir unsere Minen schließen. Im Gegen- teil, sie wollen und brauchen mehr Kohle. Auch ich möchte auf Elektrizität nicht ver- zichten, das Licht einschalten können. Dafür brauchen wir derzeit einfach noch die fos- sile Energieträger. Das heißt, das Kohleinvestment ist nur ein kurzfristiges? Die Firma, bei der ich engagiert bin, hat nur noch Kohlereserven für ein paar Jahre. Ich mag auch keine verschmutzte Luft, wir wol- len alle saubere Luft. Aber wenn man sorg- sam mit den Ressourcen umgeht, kann man saubere Energie auch aus Kohle, Öl, etc. er- zeugen. Ich denke, dass es in diese Richtung geht. Also, aus Investorensicht sind fossile Brennstoffe immer noch sehr interessant. Ich persönlich halte Atomkraft für die viel- leicht sauberste und effizienteste Energie. Atomkraft wird in den nächsten Jahren beim Klimaschutz ein noch größeres Thema werden. Würden Sie sich einen kleinen radioak- tiven Kastor in den Garten stellen? Natürlich müssen wir damit vorsichtig um- gehen, damit wir die Welt nicht in die Luft sprengen. Wir hatten auch in den letzten fünfzig Jahren drei bis vier größere atomare Unfälle, das sind natürlich drei oder vier zu viel. Aber ohne Atomkraft wird die Energie- wende nicht gelingen. Gut, dann schlage ich die Brücke von ge- fährlicher Atomkraft nach Japan. Vor ein- einhalb Jahren haben Sie mir japanische Aktien empfohlen. Das war ein guter Tipp! Ich bin froh, dass inzwischen viele bullish für Japan sind. Der Markt ist toll gelaufen und ich bleibe in meinen japanischen ETFs investiert. Die Börse Tokio ist immer noch 30 bis 40 Prozent von ihren All Time Highs entfernt. Es gibt wenig Dinge, die noch so günstig sind, schon gar nicht Aktienmärkte. Die Investorenlegende Jim Rogers setzt aktuell auf Rohstoffe, vor allem auf Kohle, Uran, Silber und Zucker. Er kauft inVietnam und Japan statt in China zu und spekuliert schon auf offene Grenzen zwischen Süd- und Nordkorea. JUL IA KISTNER Credit: beigestellt 40 . GELD-MAGAZIN – November 2021 INTERVIEW . Jim Rogers, Investmentprofi

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