GELD-Magazin, November 2021
verspüren. Stehen also die Sentiment- Indikatoren eher für eine gemächliche Fortsetzung des Aufwärtstrends an den Aktienmärkten? Zu den Eigenheiten eines Crashs gehört, dass man ihn in der Regel nicht vorherse- hen kann. Fakt ist: Die Bewertungen an den Aktienmärkten sind seit dem Börsenein- bruch zu Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 deutlich gestiegen. Die Titelaus- wahl wird wieder wichtiger. Dennoch wer- den die Aktienmärkte das Risiko steigender Zinsen nicht völlig ausblenden, sondern mal mehr und mal weniger stark in Betracht ziehen, auch wenn ersichtlich ist, dass den Notenbanken die Hände gebunden sind. Es wird also volatiler werden. Sehen Sie die Gefahr einer Lohn-Preis- Spirale? Solchen „Zweitrundeneffekten“ wird sich ja auch der Aktienmarkt nicht entziehen können, selbst wenn, wie Sie ja auch meinen, eine echte Stagflation nach dem Muster der 1970er-Jahre nicht zu erwarten ist. Ja! Selbst wenn die Probleme bei den Liefer- ketten bis zu den nächsten Tarifverhand- lungen gelöst sein sollten und sich der Infla- tionsbuckel wieder zurückgebildet haben sollte, werden die Gewerkschaften den dies- jährigen Inflationsschub nicht einfach ver- gessen, sondern einen Nachschlag fordern. Dies würde dann den Inflationssockel dau- erhaft anheben. Dass wir es dennoch für verfrüht halten, mit einer Stagflation zu kalkulieren, also mit einer Kombination aus Inflation und Stagnation, liegt daran, dass wir angesichts der in den USA geplanten billionenschweren Hilfs- und Konjunktur- programme weiter von einem moderat posi- tiven globalen Realwachstum ausgehen. Manche Ökonomen meinen, dass die Ef- fekte der Deglobalisierung wie auch der negativen Demografie im Vergleich mit dem hohen Geldmengenwachstum fast vernachlässigbar erscheinen. Sind Sie da anderer Auffassung? Angesichts der Wechselwirkungen der Wirt- schaft halten wir uns mit Prognosen zurück. Wir finden es aber hilfreich, die Inflations- ursachen zu identifizieren, um den Charak- ter der aktuellen Inflationsentwicklung und deren Konsequenzen besser zu verstehen. Zu den möglicherweise temporär wir- kenden Faktoren, die unmittelbar inflati- onswirksam sind, zählen wir steigende En- ergie- und Strompreise, pandemiebedingt unterbrochene Lieferketten, die Knappheit an Arbeitskräften in einigen Branchen, und das hohe Wachstum der Geldmenge (durch umfassende Corona-Hilfsmaßnahmen). Eine längerfristige Wirkung geht unseres Erachtens von Tendenzen zur Deglobalisie- rung, zu der im Rahmen von Klimaschutz- programmen vorangetriebenen Dekarboni- sierung, der Demografie sowie durch hö- here Lohnforderungen in den kommenden Tarifrunden (Zweitrundeneffekte) aus. Sie schreiben in Ihrer Strategieanalyse: „Technologieunternehmen mit einem ho- hen Softwareanteil leiden naturgemäß weniger unter Inflation.“ Unter stei- genden Zinsen würden aber auch Quali- tätsunternehmen des Tech-Sektors zu leiden haben … Das ist richtig. Historisch gesehen waren Zeiten steigender Inflation oft nicht gut für Aktien. Denn sie waren regelmäßig mit stei- genden Zinsen verbunden, was wiederum die Bewertung von Aktien herunterdrückt. Entspricht doch der faire Wert einer Aktie dem Wert der abgezinsten künftigen Erträ- ge. Doch angesichts der derzeit enormen Verschuldung erwarten wir in Zukunft kei- nen deutlichen Zinsanstieg. Die Stromko- sten des Cloud-Geschäfts dürften sich nach unseren Schätzungen etwa bei den Bran- chengrößen Alphabet, Amazon und Micro- soft auf rund zwei Prozent des Umsatzes be- laufen. Angesichts der hohen Ertragsmar- gen hätten selbst drastisch steigende Ener- giekosten keinen wesentlichen Effekt auf den Gewinn dieser Unternehmen. Auch am- bitionierte Dekarbonisierungsziele, wie die von Alphabet bis 2030 angestrebte CO 2 - Neutralität, sollten ohne nennenswerte Er- tragseinbußen erreichbar sein. Der wich- tigste Werttreiber für diese Unternehmen bleibt unseres Erachtens nach wie vor das überdurchschnittliche Umsatzwachstum. FVS MULTIPLE OPPORTUNITIES 2016 2017 2018 2019 2020 2021 30% 10% 0% -10% 20% 40% 50% ISIN LU0952573482 Volumen 14.387 Mio.€ Rendite 1 Jahr 12,2% Ausgabeaufschlag 5,00% Rendite 3 J.p.a. 9,4% Total Expense Ratio 1,63% Rendite 5 J.p.a . 7,5% Aktien und Gold sind die einzigen liquiden Anlageklassen, die einen Schutz vor Inflation und einen realen Wertzuwachs ermöglichen 32 . GELD-MAGAZIN – November 2021 INTERVIEW . Bert Flossbach, CEO Flossbach von Storch
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