GELD-Magazin, November 2021

ZUR PERSON Dr. Bert Flossbach gründete 1998 Flossbach von Storch und ist seitdem Vorstand. Er verant- wortet die Bereiche Research sowie Investment Management. Von 1991 bis 1998 war Flossbach als Executive Director bei Goldman Sachs & Co. in Frank- furt tätig. Dort verantwortete er die Verwaltung deutscher und internationaler Vermögen in New York und Frankfurt. Von 1988 bis 1991 betreute er private und institutionelle Anleger bei der Matuschka Gruppe in München. An der Universität Innsbruck promovierte er über Portfoliomanagementkon- zepte zur Verwaltung von Privatkundenvermögen. Inflationsschutz ist eine Top-Priorität Die Wachstumsraten befinden sich schon wieder auf dem Rückzug, was man von der Inflation nicht sagen kann. Dazu stei- gen die Zinsen (wenigstens am Anleihe- markt). Ist das nicht ein giftiger Cocktail auch für Aktien? Nein. Zum einen gehen wir angesichts der billionenschweren US-Konjunkturpro- gramme weiterhin von einem moderat posi- tiven globalen Realwachstum aus, auch wenn sich die Wirtschaftsdynamik in China etwas abschwächen dürfte. Und sollten sich zweitens die höheren Inflationserwar- tungen durch Zweitrundeneffekte bestäti- gen und langfristig zu einem Inflationsni- veau führen, das nachhaltig bei mehr als zwei Prozent per annum läge, würde der re- ale Wert von Sparbüchern, Kontoguthaben oder Anleihen ausgehöhlt. Aktien bieten ei- nen weitaus besseren Inflationsschutz, vor- ausgesetzt die Unternehmen schaffen es, ihre Gewinne trotz höherer Kosten zu stei- gern und die Zinsen steigen nicht deutlich. Doch von einem deutlichen Zinsanstieg ge- hen wir derzeit nicht aus. Der Trend zu höheren Preissteigerungen scheint unaufhaltsam. Selbst mit Hochzinsanleihen ist es kaum möglich, positive reale Renditen zu erzielen. Der Vermögensverwalter Bert Flossbach favorisiert Aktien und Gold. WOLFGANG REGNER Credit: beigestellt Wie können die Notenbanken aus der Falle entkommen, die sie sich selbst ge- stellt haben? Wenn der Inflationsbuckel länger anhält und sich Zweitrundeneffekte abzeichnen, wäre das in der Tat für die Notenbanken die größte Herausforderung ihrer Geschichte! Anders als früher lässt sich ein Anstieg der Inflation nicht einfach mit einem kräftigen Tritt auf die Zinsbremse bekämpfen. Die zu erwartenden Kollateralschäden wären er- heblich. Sollte es daher zu einem nachhal- tig höheren Inflationsniveau kommen, spricht unseres Erachtens viel dafür, dass die Zinsen auf tiefen Niveaus verbleiben. Für die Staaten wäre etwas mehr Inflation bei anhaltend niedrigen Zinsen sogar ein Segen. Sie könnten so das nominale Brutto- inlandsprodukt erhöhen und damit die Schuldenquote ohne schmerzhafte Einspa- rungen senken. Die Entschuldung von Staa- ten über Inflation gilt als effektivste Metho- de der Finanzrepression und wird durch die zunehmende Nähe zwischen Staaten und Notenbanken erleichtert. Wie lässt sich ein vorwiegend aus Aktien bestehender Fonds, wie Ihr Flaggschiff Flossbach von Storch Multiple Opportu- nities, durch Diversifikation absichern? Anleihen fallen unseres Erachtens derzeit als Pfeiler der Diversifikation weg. In Zu- kunft können die Renditen etwa bei Bun- desanleihen unseres Erachtens höchstens noch um ein Viertel oder halben Prozent- punkt fallen. Das würde nur etwa zwei Pro- zent Kursgewinn bringen. Bleiben aus un- serer Sicht Aktien und Gold als die einzigen liquiden Anlageklassen, die zukünftig noch einen Schutz vor Inflation und einen realen Wertzuwachs ermöglichen. Einzig ein deut- lich steigendes Zinsniveau oder eine dauer- haft schrumpfende Wirtschaft würde die Attraktivität von Aktien schmälern. Beides erscheint uns unwahrscheinlich. Die Diver- sifikation, die zu den wichtigsten Leitlinien unserer Anlagepolitik zählt, wird innerhalb des Aktienportfolios immer wichtiger. Auch mit einem Übergewicht an Aktien lässt sich ein diversifiziertes Portfolio aufbauen. Gold ist ebenfalls gefangen zwischen Zins-Ängsten und steigenden Inflations- erwartungen: Kann das Edelmetall den- noch mittelfristig wieder an seinen Auf- wärtstrend anknüpfen? Eine Prognose für die Entwicklung des Goldpreises in der näheren Zukunft wäre unseriös. Es spricht jedoch viel dafür, dass Gold auch zukünftig seiner Funktion als langfristiger Inflationsschutz gerecht wird und den Kaufkraftverlust ausgleichen kann. Auf kürzere Sicht reagiert der Goldpreis hingegen oft träge und unspektakulär. 30 . GELD-MAGAZIN – November 2021 INTERVIEW . Bert Flossbach, CEO Flossbach von Storch

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