GELD-Magazin, November 2021

Rohstoffkrise: Old Economy reloaded Für langjährige Marktbeobachter kam die jüngste Rallye bei Rohstoffen und insbesondere bei den Energiepreisen nicht überraschend. Die Gaspreise sind sprichwörtlich explodiert. Gerade bei den Gaspreisen spielen geopolitische Faktoren eine große Rolle. Russland etwa setzt seine Marktmacht gegenüber Europa spürbar ein. Da die Ölpreise ebenfalls durch Gas beeinflusst werden, ziehen auch diese deutlich an. Diese Entwicklung trifft auf eine wiedereröffnete Wirtschaft, die nach Energie hungert, und verschärft somit das derzeit herrschende Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage zugunsten der Produzenten. Sind es aber wirklich nur die unmittelbaren Folgen der Pandemie, wie starke Aufholeffekte bei der Nachfrage, und ein stark reduziertes Angebot auf- grund angeschlagener Lieferketten, die die drama- tische Situation allein erklären können? Das allein wäre zu einfach. Das Problem geht tiefer und reicht weiter zurück. Kurz zusammengefasst: Die Old Economy wurde lange Zeit vernachlässigt! Es fehlt nicht nur an Ener- gie. Die Autoindustrie etwa beklagt einen Mangel an Aluminium, die Hersteller von Stahl brauchen mehr Magnesium und die Elektrobranche leidet unter ei- ner Kupferknappheit. In Österreich ist der Holzpreis im Sommer um bis zu 300 Prozent gestiegen. Viele dieser Rohstoffe sind nicht von Natur aus knapp. Der Mangel ist vielmehr das Ergebnis zu geringer Inve- stitionen. Übergangene Old Economy Tatsächlich hat die Weltwirtschaft seit der Finanzkri- se die Old Economy und damit auch den Rohstoff- sektor sträflich übergangen. Investitionen gingen zu- rück und führten zu einer Überalterung der Infra- struktur. Auch die Kapitalmärkte hatten ihren Anteil an dieser Entwicklung. Aus nachvollziehbaren Grün- den konzentrierten sich Investoren lieber auf Big Tech. Die Renditen waren deutlich höher – die Ver- schuldung der Unternehmen ebenso wie die Umwelt- belastung durch den Sektor waren dafür geringer. Der Rückgang der Finanzströme für den Rohstoff- Sektor hat nun Auswirkungen, die die Weltwirt- schaft in der Aufschwungphase nach der Pandemie deutlich zu spüren bekommt. Jetzt trifft eine er- höhte Nachfrage auf eine mangelnde Infrastruktur, die man nicht auf Knopfdruck modernisieren kann. Die Versorgungsengpässe sind somit eine Folge der Vernachlässigung der Old Economy in den letzten 10-20 Jahren. Während aus politischen Gründen herbeigeführte Lieferengpässe zwar nicht unbedingt leichter, aber bei gutem Willen zumindest schneller behoben wer- den können, sind die strukturellen Gründe für die Rohstoffknappheit schwieriger zu lösen. Hierfür braucht es den politischen Konsens, die Rohstoffpro- duktion insgesamt resilienter zu gestalten, und mas- sive Investitionen in die Infrastruktur. Es wird auch etwas kosten, wenn Europa auch die Abhängigkeit von einzelnen Staaten reduzieren möchte. Die jetzige Situation führt uns schmerzlich vor Au- gen, was die jahrelange Vernachlässigung eines Wirtschaftssektors für Folgen haben kann. Wer als Investor langfristig denkt, sollte dem Rohstoffsek- tor jedenfalls mehr Beachtung schenken. Hier scheint ein positiver Zyklus mehr als wahrschein- lich zu sein. Die Lösungen, wie man ein Investment in Rohstoffe mit ESG-Richtlinien in Einklang brin- gen kann und soll, sind vorhanden. Die Old Econo- my muss zweifelsohne grüner werden. Sie auszu- hungern, ist keine Lösung. www.fidelity.at GASTBEITRAG . Carsten Roemheld, Fidelity International Carsten Roemheld, Kapitalmarkstratege bei Fidelity International FOTO: beigestellt Disclaimer: Wir weisen darauf hin, dass die geäußerten Ansichten unter Umständen nicht mehr aktuell sind und dass darauf möglicherweise bereits reagiert wurde. 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