GELD-Magazin, Oktober 2021

Ist die Kritik an nachhaltigen ETFs wirklich berechtigt? Mit dem wachsenden Erfolg von ETFs, die eine Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen, wächst auch die Kritik. Ein ähnliches Verhalten konnte man schon beobachten, als der Siegeszug der ETFs vor einigen Jahren begann. Sehen wir hier also nur eine erneute Welle der Kritik, die vorgebracht wird, um die Mittelzuflüsse in ESG- ETFs zu minimieren oder müssen die Kritiker und ihre Argumente von den Investoren ernstgenommen werden? Meiner Ansicht nach sind einige der vorgebrachten Kritikpunkte zumindest im Ansatz richtig und müs- sen bei der Beurteilung der Nachhaltigkeitsstrategie beachtet werden. Andererseits nutzen viele ESG-ET- Fs eine Nachhaltigkeitsstrategie, die sie für eine Ein- ordnung nach Artikel 9 der Offenlegungsverord- nung (SFDR) qualifiziert. Somit müssen die Kritik- punkte einzeln betrachtet und bewertet werden. „Aktiv vs. passiv“-Diskussion Leider kann ich die einzelnen Kritikpunkte in die- sem Artikel nicht im Detail beleuchten, aber aus meiner Sicht lässt sich sagen, dass sowohl die Kri- tikpunkte wie auch die Art und Weise wie diese vor- gebracht werden stark an die Zeit der aufkom- menden „aktiv vs. passiv“-Diskussion erinnern. Dementsprechend sieht es für mich bei der vorge- brachten Kritik an den nachhaltigen ETFs auch so aus, als würde hier versucht werden, nachhaltige ETFs zu diskreditieren, um so die Mittelzuflüsse in diese Produkte zu reduzieren. So ist es schon auffällig, dass viele der Kritikpunkte einfach nur darauf basieren, dass passive Manager per Definition keine Meinung zu einem Unterneh- men oder Markt haben, während aktive Manager hier bewusst Entscheidungen für oder gegen einen Markt oder ein Unternehmen treffen können. Wie gut die Qualität dieser aktiven Entscheidungen im Durchschnitt ist, wird bei der Kritik natürlich nicht beleuchtet. Ebenso fehlen Hinweise darauf, dass sich viele Anbieter von Indizes bereits an die Bedürf- nisse des Marktes angepasst haben, und zum Bei- spiel die Entscheidung über den Ausschluss einzel- ner Titel aus einem Index im Falle eines Skandals oder einer auftretenden Kontroverse von den Re-Al- lokationsstichtagen entkoppelt haben, damit die entsprechenden ETFs schneller auf so ein Ereignis reagieren können. Ebenso sind viele Anbieter von ETFs bei der Wahr- nehmung von Aktionärsrechten oder dem Engage- ment mit den Führungsgremien von Unternehmen mittlerweile deutlich aktiver geworden. Zwar ist es richtig, dass passive Manager keine Meinung zu ein- zelnen Abstimmungsvorlagen oder ähnlichem ha- ben, aber sie delegieren diese Aufgaben oftmals an die entsprechenden übergeordneten Abteilungen in ihrem Unternehmen, die gerade im Bereich Nach- haltigkeit dann im Sinne der übergeordneten Orga- nisation abstimmen, beziehungsweise das Gespräch mit den Unternehmenslenkern suchen. Fazit Wenn man diese Kritikpunkte ehrlich betrachtet und von allen Seiten beleuchtet, stellt man fest, dass die vorgebrachten Kritikpunkte zwar im An- satz richtig sind, aber zu einem großen Teil bereits von den Index- und ETF-Anbietern erkannt wurden und diese bereits entweder an einer Lösung arbei- ten oder diese schon präsentieren konnten. Ebenso bleibt festzuhalten, dass einige der Kritikpunkte, wie zum Beispiel die Wahrnehmung der Aktionärs- rechte, durchaus auch auf aktive Manager zutreffen. Dementsprechend ist es wichtig, dass Anleger diese Kritikpunkte nicht einfach hinnehmen, sondern die vorgebrachten Argumente auf Stichhaltigkeit prü- fen, um beurteilen zu können, ob die vorgebrachte Kritik berechtigt ist. www.lipperleaders.com Detlef Glow, Head of Refinitiv Lipper EMEA Research Oktober 2021 – GELD-MAGAZIN . 59 GASTBEITRAG . Detlef Glow, Lipper Research FOTO: Archiv Für den Inhalt der Kolumne ist allein der Verfasser verantwortlich. Der Inhalt gibt ausschließlich die Meinung des Autors wieder, nicht die von Refinitv.

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