GELD-Magazin, Oktober 2021
Länder und Gemeinden: Zusammenarbeit funktioniert gut Zwei Drittel der befragten Österreicher sind laut dem Institut für Föderalismus der Meinung, dass die Länder/Gemeinden-Zusammenarbeit in Österreich gut funktioniert. 57 Prozent sprechen von einer guten Kooperation zwischen Bund und Ländern. Am schlechtesten wird die Zusammenarbeit zwischen der EU und Österreich beurteilt. Fläche eines Staates auf die Bundesländer nicht automatisch eine „perfekte Formel“ errechnet wird. Köppl: „Ich meine, dass Ös- terreich nicht zu viele Bundesländer hat.“ Entflechtung notwendig Auch Hans Pitlik, Ökonom am Wifo, hat sich intensiv mit Föderalismus beschäftigt: „Aus wirtschaftlicher Sicht kann Föderalis- mus sehr vorteilhaft sein – wenn er richtig organisiert ist. In Österreich sind wir mit einem extrem verflochtenen Föderalismus konfrontiert, und der Bund genießt viel Mit- spracherecht in Länderfragen. Eine Ent- flechtung wäre sehr wünschenswert, als Beispiele können hier die Bereiche Gesund- heitsfinanzierung sowie Bildung genannt werden.“ Weiters ist auch laut Pitlik die Dis- krepanz zwischen Ausgaben- und Einnah- menautonomie der Länder politisch proble- matisch, weil es sehr schwer festzustellen sei, wer letztlich die Verantwortung trägt: „Und aus ökonomischer Sicht sind die un- klaren Finanzierungsströme höchstgradig ineffizient. Mehr Autonomie auf der Ein- nahmenseite auf Länder- und Gemeinde- ebene wäre sicher sinnvoll, das werden die allermeisten Ökonomen unterschreiben. Wobei ich lieber von Fiskal- als von Steuer- autonomie spreche. Denn letztgenannter Begriff impliziert die Konzentration auf die Einnahmenseite. Fiskalautonomie bzw. Fis- kalwettbewerb bezieht aber Ausgaben und Einnahmen mit ein.“ Dass eine Autonomie bei der Besteuerung zu einer Nivellierung führen könnte, glaubt der Experte nicht: „In der Schweiz genießen Kantone und Ge- meinden sehr hohe Fiskalautonomie, von einem Abbau des Wohlfahrtsstaates oder einem steuerlichen ,Race to the bottom‘ kann aber keine Rede sein.“ Das „Covid-Experiment“ Abgesehen von diesen ökonomischen Über- legungen wurde der heimische Föderalis- mus durch Corona auf die Probe gestellt. So warteten in Wien nicht wenige Menschen, etwa in der Generation zwischen 50 und 60, sehnsüchtig auf den „ersten Stich“, während wenige Kilometer weiter in Niederösterrei- ch schon fleißig viel Jüngere geimpft wur- den. Wäre hier ein zentrales Vorgehen nicht besser gewesen? Pitlik: „In Wirklichkeit wusste keiner vorher, welche Strategie die beste sein würde. Es ist auch Sinn und Zweck des Föderalismus, auszuprobieren, welcher Weg der zielführendste ist, damit man voneinander lernen kann. Bei reinem Zentralismus gibt es diesen Lerneffekt nicht. Das gilt natürlich nicht nur für Coro- na, sondern für viele Politikbereiche.“ Fazit: Die Frage lautet nicht: Gibt es zu viel oder zu wenig Föderalismus? Sondern: Wie gut ist er organisiert? Verbesserungspotenzial ist reichlich vorhanden. Quelle: Institut für Föderalismus „Mehr Autonomie auf der Einnahmenseite auf Länder- und Gemeindeebene wäre sicher sinnvoll.“ Hans Pitlik, ÖkonomWifo eher gut eher weniger gut keine Ahnung Länder – Gemeinden 67% 57% 40% Bund – Länder EU – Österreich 21% 34% 52% 12% 9% 8% „Ich meine, dass Österreich nicht zu viele Bundesländer hat.“ Monika Köppl-Turyna, Direktorin von EcoAustria Oktober 2021 – GELD-MAGAZIN . 19
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