GELD-Magazin, Oktober 2021

Ü ber 2000 Gemeinden und Bürger- meister gibt es in Österreich, dazu bekanntlich neun Bundesländer, Deutschland kommt mit 16 aus, hat aber rund zehnmal so viele Einwohner. Ein oft angeführtes Beispiel von Föderalismus-Kri- tikern in Österreich. Andere meinen aber konträr, dass es hierzulande gar keinen „richtigen Föderalismus“ gäbe. Ist die Al- penrepublik also zu zentral oder doch zu fö- deral organisiert? Große Diskrepanz Monika Köppl-Turyna, Direktorin des Wirt- schaftsforschungsinstituts EcoAustria, meint dazu im Gespräch mit dem GELD-Magazin: „Das hängt nicht zuletzt davon ab, welche Indikatoren man zur Beantwortung dieser Frage heranzieht. Was die Gesetzgebungs- und Steuerkompetenz betrifft, ist Österreich ziemlich zentralistisch geprägt. Stärker als zum Beispiel die Schweiz, Deutschland oder Belgien. Die Länder und zum Teil die Ge- meinden genießen allerdings recht große Kompetenzen bei den Ausgaben. Dadurch ergibt sich offensichtlich eine Diskrepanz, die ich auch als das Problem des Föderalis- mus in Österreich bezeichnen würde: Die ,niedrigeren Ebenen‘ (also Gemeinden und Bundesländer) haben wenig Spielraum bei den Einnahmen, aber viel Autonomie bei den Ausgaben.“ Es liegt laut der Expertin damit auf der Hand, dass das falsche An- reize schaffen kann. Anders gesagt: Diese Systematik lädt nicht gerade zu Sparsam- keit ein. Mehr Steuerkompetenz Somit hält Köppl, so wie andere Experten auch, es für eine interessante Idee, die Ab- gabenautonomie von Ländern und Gemein- den zu stärken, also Steuerkompetenzen auf diese Ebenen zu verlagern. Was zu einem effizienteren Mitteleinsatz führen sollte. Aber könnte ein „Österreich-interner“ Steu- erwettbewerb zur Nivellierung von Einnah- men nach unten und infolge sogar zur Schwächung von Sozialleistungen oder der Infrastruktur führen? Diese Befürchtung hat Köppl nicht: „Wettbewerb ist ja prinzipi- ell positiv und disziplinierend. Es hat auch zum Beispiel kein Bundesland das Interesse, dass seine Einnahmen wegbrechen. Und zentrale Vorgaben können Mindeststan- dards bei den Steuersätzen sowie der Ver- sorgung setzen. Blicken wir über die Gren- ze: In der Schweiz, wo die Kantone eine ei- gene Einkommenssteuer erheben können, ist jetzt nicht jeder Kanton eine Steueroase.“ Apropos: Die Schweiz zählt 26 Kantone. Hier merkt man, dass mit dem einfachen Herunterbrechen der Einwohnerzahl oder WIRTSCHAFT . Kompetenzen in Österreich Zentral oder föderal? Die Impfstrategie Österreichs hat Kritik an unserem föderalen System laut werden lassen. Nicht zum ersten Mal wird eine zentralere Verwaltung in der doch überschaubar großen Alpenrepublik gefordert. Es gibt aber auch Gegenstimmen. HARALD KOLERUS Credits: beigestellt Veränderung der Steuersätze durch regionale Autonomie Die Agenda Austria hat die Einführung von Steuersätzen auf lokaler Ebene berechnet. Er- gebnis: Die Belastung würde fallen. In Vorarlberg ist die stärkste Senkung der Steuersätze zu erwarten, und zwar im Schnitt um 1,5 Prozentpunkte. Quelle: Agenda Austria -0,4% Vorarlberg -0,8% -1,2% -1,6% Kärnten Niederösterreich Burgenland Summe Steiermark Salzburg Oberösterreich Tirol 18 . GELD-MAGAZIN – Oktober 2021

RkJQdWJsaXNoZXIy MzgxOTU=