GELD-Magazin, September 2021

28 . GELD-MAGAZIN – September 2021 Das Umfeld bleibt positiv hier durch regelmäßiges Reinvestieren noch weiter Nachfrage bestehen bleibt. Apropos hohe Anleihenbestände der Zen- tralbanken. Denken Sie, dass die hohen Staatsverschuldungen ein Problem für die Märkte werden könnten? Man muss die Verschuldungen in Relation zu den BIPs sehen – da die Wirtschaften wachsen, verringern sich die Schulden rela- tiv dazu. Zudem sind die Zinsbelastungen noch immer im Fallen. Anleihen, die refi- nanziert werden müssen, werden derzeit vom Markt mit extrem niedrigen Zinsen auf- genommen. Das drückt die Finanzierungs- kosten tendenziell weiter nach unten. Auch das EU-Programm mit nicht rückzahlbaren Förderungen bietet Unterstützung. Da er- folgt die Refinanzierung mit relativ niedri­ gen Zinsen. Also denke ich, dass von dieser Seite keine Gefahr droht. Wie haben Sie sich angesichts des aktu- ellen Umfeldes bei Anleihen positioniert? Wir sind schon lange bei Staatsanleihen und Unternehmen mit sehr guter Bonität unter- gewichtet. Die bringen ja auch keinen wirk- lichen Ertrag – sofern man da überhaupt noch von Ertrag sprechen kann. Wir setzen stark auf Unternehmensanleihen, die rela- tive Attraktivität passt da noch: Die Gewinn- situation der Unternehmen ist gut und da- mit die Ausfallswahrscheinlichkeiten sehr gering. Einen Mehrertrag kann man auch in den Emerging Markets finden. Dort sind wir mit Anleihen breit aufgestellt und investie- ren vor allem in EM-Hartwährungsanleihen – vor allem in US-Dollar. Das Währungsrisiko sichern wir dabei prinzipiell ab. Zuletzt ha- ben die Anleihen schön zugelegt, da das Basis­ zinsniveau gesunken ist. D ie letzten BIP-Daten zeigen eine robuste Wirtschaftsentwicklung sowohl in den USA als auch in Eu- ropa. Gleichzeitig ist die Inflation deutlich angesprungen, die Erzeugerpreise steigen sogar überproportional. Es wird von den Zentralbanken erwartet, dass sie nun die Anleihenkäufe zurückfahren (Tapering). Gleichzeitig trüben sich aber die Erwar- tungen gegenüber der Wirtschaftsentwick- lung aufgrund der vierten Welle wieder et- was ein. Wie wird sich das in den kommen- den Monaten auf die Märkte auswirken und sollten Anleger darauf reagieren? Herr Mag. Krämer, derzeit wird über das Tapering diskutiert. Kann das die Märkte irritieren? Ich denke nicht. Im Grunde bereiten die Zentralbanken die Marktteilnehmer schon längere Zeit darauf vor – da dürfte wenig negative Überraschung kommen. Und damit kaum Verwerfungen wie beim Taper Tan- trum im Jahr 2013. Der Rückenwind wird seitens der Geldpolitik damit zwar schwä- cher, aber es ist ja noch immer eine Unter- stützung da. Passt es da ins Bild, dass die langfristigen Renditen in den vergangenen Monaten sogar rückläufig waren? Die Marktteilnehmer folgen bezüglich der Inflationsentwicklung der Ansicht der Zen- tralbanken und schauen quasi durch die derzeit hohen Zahlen durch. Ich denke auch, dass die Inflation längerfristig kein Thema sein wird. Wir werden zwar vielleicht noch etwas höhere Raten sehen, aber ich denke, dass diese dann wieder – vielleicht nach ei- ner Plateauphase – sinken werden. Man muss bedenken, dass die derzeit steigende Die Zentralbanken sorgen noch für Rückenwind, dieWirtschaft boomt. Corona dürfte kein gröberes Problem mehr werden. Dazu offenbart uns Uli Krämer, CIO der Kepler Fonds KAG, seine aktuelle Anlagestrategie. MARIO FRANZIN Credit: beigestellt INTERVIEW . Uli Krämer, Kepler Fonds KAG Inflation stark von Komponenten beein- flusst ist, die von der Covid-Pandemie ge- prägt sind – z.B. die Preise bei Leihautos –, aber die kommen schon wieder zurück. Inte- ressant sind nun die Lohnentwicklungen, aber da sieht man noch keine extremen Be- wegungen. Die nächsten Lohnverhandlun­ gen werden zwar unter besonderen Bedin- gungen stattfinden, aber ich gehe nicht von der Entwicklung einer ausgeprägten Lohn/ Preisspirale aus. Erwarten Sie summa summarum einen Zinsanstieg an den Anleihenmärkten? Man muss die Zinsentwicklung etwas diffe- renzierter zum stark diskutierten Tapering sehen – das sind zwei verschiedene Themen, auch wenn sie letztendlich zusammenhän- gen. Es sind quasi zwei Seiten derselben Me- daille: Bis das Tapern beendet sein wird, dauert es lange Zeit. Eine Anhebung der Fed Fund Rates wird zwar erwartet, aber sollte erstmals etwa Ende 2022 kommen. 2023 dann vielleicht noch für zwei Schritte. Und das stößt weder Anleihen noch Aktien vor den Kopf. In der Eurozone sind Zinserhö- hungen noch lange nicht absehbar. Die Frage bezüglich des Taperings ist auch, wie die Zentralbanken mit dem riesigen Be- stand an Anleihen umgehen werden – ob sie diese wieder reinvestieren oder die Anleihen abreifen lassen. Ich gehe davon aus, dass Langfristig sollte die Inflation kein Problem sein. Ich erwarte da keine Lohn-Preis-Spirale.

RkJQdWJsaXNoZXIy MzgxOTU=