GELD-Magazin, Juni 2021

Credits: beigestellt/Archiv „Wohnungseigentums- objekte können immer nur von höchstens zwei natürlichen Personen ins Eigentum übernommen werden.“ Gert Kössler, Öffentlicher Notar in Innsbruck 74 . GELD-MAGAZIN – Juni 2021 nung soll meine Tochter erhalten. Sie hat dafür meine Katze lebenslang zu pflegen.“ Achtung: Der Pflichtteil ist auch bei Schen- kungen ein Thema, was Kössler wie folgt skizziert: „Zumindest soweit die Schenkung an Ehepartner und Nachkommen des Ge- schenkgebers erfolgen, kann ein Pflichtteils- berechtigter die Hinzurechnung dieser ge- schenkten Werte zur Pflichtteilsbemes- sungsgrundlage zeitlich unbefristet verlan- gen, damit seine Ansprüche nicht geschmä- lert werden.“ Erbrechtliche Besonderheiten Eine erbrechtliche Besonderheit ist die so- genannte fideikommissarische Substituti- on: „Dabei werden bestimmte Vermögens- werte an einen Erben übertragen. Gleich- zeitig wird angeordnet, dass nach dem Tod dieses ersten Erben (Vorerben) der Vermö- genswert an einen anderen Erben (Nacher- ben) weitergegeben werden soll. Der Vorer- be kann den Vermögenswert somit im Re- gelfall lebenslang benützen und bewirt- schaften, darf ihn aber nicht verkaufen“, er- klärt Manhart. Eine weitere Besonderheit ist das Bela- stungs- und Veräußerungsverbot. Dazu Kössler: „Es wirkt nicht ,abstrakt‘, sondern ist immer zu Gunsten einer bestimmten da- raus berechtigten Person einzuräumen. So- mit kann ein Belastungs- und Veräuße- rungsverbot längstens auf die Lebensdauer einer daraus berechtigten Person einge- räumt werden.“ Tücken bei Eigentumswohnungen Eine Besonderheit, die aber weite Teile der Bevölkerung betrifft, beinhaltet das Woh- nungseigentumsgesetz. „Wohnungseigen- tumsobjekte können immer nur von höch- stens zwei natürlichen Personen ins Eigen- tum übernommen werden. Damit kann man beispielsweise eine Eigentumswoh- nung nicht direkt den eigenen drei Kindern vermachen. In so einem Fall müsste sich der Eigentümer entweder schon bei der Ab- fassung des Testaments überlegen, welche gestalterischen Alternativen er wählt, oder die Erben müssen sich nach dem Tod im Verlassenschaftsverfahren einigen. Diese Si- tuation hat durchaus Konfliktpotential“, warnt Kössler und ergänzt: „Eine weitere Folge dieser Einschränkung im Wohnungseigentumsgesetz ist, dass der Hälfteanteil einer Eigentumswohnung, die bereits im Eigentum zweier Personen steht, der erbrechtlichen Verfügung überhaupt entzogen ist und im Falle des Todes eines der Eigentümerpartner der Überlebende zu- nächst den Anspruch hat, die Wohnungs- hälfte des Verstorbenen gegen Bezahlung des Übernahmepreises (Hälfte des Ver- kehrswertes) an die Erbmasse zu überneh- men.“ Kosten und steuerliche Aspekte „In Österreich gibt es derzeit keine Erb- schafts- und Schenkungssteuer. Immobilien- erwerbe unterliegen der Grunderwerbsteu- er. Dabei berechnet sich die Steuer von einem nach der Grundstückswertverord- nung zu ermittelndem Wert. Der Steuersatz ist mittlerweile progressiv und beginnt bei 0,5 Prozent und steigt bis zu 3,5 Prozent“, so Kössler. Die Eintragung im Grundbuch ko- stet bei nahen Angehörigen 1,1 Prozent des dreifachen Einheitswertes. Bei Nicht-Ver- wandten ist die Bemessungsgrundlage der Verkehrswert. Für das Verlassenschaftsver- fahren fallen noch Gerichts- und Gerichts- kommissärgebühren an, die gesetzlich gere- gelt sind und im Verfahren gerichtlich be- stimmt werden. Auch der Weiterverkauf der geerbten Immobilie löst Steuerpflicht aus. Dazu Steuerberater Klausner. „Würde je- mand eine von einem Elternteil geerbte Lie- genschaft um beispielsweise 350.000 Euro verkaufen, müsste er dafür eine ImmoESt von 4,2 Prozent, also 14.700 Euro bezahlen, IMMOBILIEN . Richtig vererben Fallbeispiel 2 Der Erblasser vermacht seiner Frau den Hausanteil und die Wohnung, während das Geld- vermögen auf die Frau und drei Kinder verteilt werden soll. „Abhängig von den Verkehrswerten des Hauses und der Wohnung wird in diesem Fall ein Anteil am Geld­ vermögen nicht ausreichen, um den Pflichtteil der Kinder zu decken. Die Kinder hätten damit einen Pflicht­ teilsergänzungsanspruch gegen die Witwe und könnten zunächst in einem Verlassenschaftsverfahren verlan­ gen, dass die Immobilien geschätzt werden. Wenn die Witwe nicht ihrer­ seits über entsprechendes Vermö­ gen verfügen sollte, hätte sie es in diesem Fall vermutlich schwer, alle Ansprüche der Kinder zu bedienen, ohne eine Immobilie verkaufen zu müssen“, erklärt Notar Gert Kössler.

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