GELD-Magazin, Juni 2021
68 . GELD-MAGAZIN – Juni 2021 E ine Schockwelle der Angst erschüt- terte den Kryptomarkt im Mai. Sie führte nicht nur zu Panikverkäufen und dem zweitgrößten prozentualen Kurs- rutsch des Kryptoprimus Bitcoin seit Sep- tember 2011, sondern brachte auch viele neue Investoren an den Rand der Verzweif- lung. Einer, der jedoch wenig überrascht von der kippenden Stimmung war, ist Vitalik Buterin, Erfinder von Ethereum und zwi- schenzeitlich Träger des Titels „Jüngster Milliardär“. „Oftmals geht eine Spekulati- onsblase zu Ende, wenn ein einschnei- dendes Ereignis dem Markt vor Augen hält, dass die Technologie doch noch nicht ihre vollständige Reife erreicht hat“, sagte der 27-jährige College-Abbrecher Ende Mai in einem Exklusivinterview mit CNN Business. Es sei immer schwer vorherzusagen, wann die Euphorie umschlägt und ob wir das Ende der Fahnenstange bereits erreicht ha- ben. „Wir hatten bisher mindestens drei die- ser großen Kryptoblasen“, führte Buterin fort. Ende 2017, kurz vor dem letzten groß- en Zusammenbruch des Marktes, stellte er bereits einmal öffentlich in Frage, ob der Markt damals seine Bewertung von einer halben Billion Dollar tatsächlich bereits ver- dient hätte. „Obwohl Kryptos heute nicht mehr nur als Spielzeug angesehen werden, haben Kryptowährungen immer noch große Probleme mit Preisvolatilitäten und Markt- beeinflussungen prominenter Persönlich- keiten“, so Buterin. Dogefather Elon Musk Einer, auf den er damit anspielte, ist Elon Musk, der den Markt mit seinen Liebesbe- kundungen für diverse mehr oder weniger ernstzunehmende Kryptoprojekte in den vergangenen Monaten vor sich hertrieb. Der BLOCKCHAIN . Vitalik Buterin versus Elon Musk Kampf der Influencer Nach einer berauschenden Party wandelte sich der Mai zu einem der schlimmsten Blutbäder, die der Kryptomarkt je erlebte. Zwei Personen nahmen dabei zentrale Rollen ein: Vitalik Buterin, der es kommen sah, und Elon Musk, der es anzettelte. MORITZ SCHUH Tesla-Gründer und selbsternannte „Dogefa- ther“ beflügelte mit seiner Ankündigung, Bitcoin als Zahlungsmittel und Reserve in den Bilanzen seines Unternehmens zu ak- zeptieren, nicht nur den Preis der führenden Kryptowährung, sondern auch den des pro- minenten Meme-Token Dogecoin. Mittels wiederholter – teils „kryptischer“ – Doge- coin-Tweets des Milliardärs erreichte die Kryptowährung mit dem Hund als Logo Mit- te Mai eine Marktkapitalisierung von fast 89 Milliarden Dollar – die viertgrößte nach Bit- coin, Ethereum und Binance Coin! Krypto-Mastermind not amused Mit dem Hype um Dogecoin dauerte es nicht lange, bis auch zahlreiche Nachahmungs- projekte einen Blitzstart hinlegten. Von Shiba-Inu Coin (SHIB) bis Dogelon Mars (ELON) begannen Spekulanten, bereitwillig alles aufzukaufen, was nach schnellen Ge- winnen roch. Auch Vitalik Buterin kam da- mit ungefragt zum Handkuss. Zahlreiche Entwickler begannen, ihm riesige Mengen ihrer neuen Coins zu schicken. Unglücklich darüber, als Marketing-Testimonial miss- braucht zu werden, appellierte er, keine wei- teren Geschenke mehr erhalten zu wollen: „Bitte hört auf, mir irgendwelche Coins zu schenken! Ich kenne oder verstehe die mei- sten dieser Projekte kaum, also kann ich sie auch nicht unterstützen.“ Um seine Meinung darüber zu unterstrei- chen, begann der außerirdisch anmutende Idealist, seine angehäuften Bestände in Mil- liardenhöhe an gemeinnützige Organisati- onen zu verteilen. Am 12. Mai transferierte Buterin etwa 500 ETH und über 50 Billionen SHIB mit einem Gesamtwert von 1,14 Milli- arden Dollar an den indischen Covid-Relief Fund, ETH und ELON im Wert von 336 Mil- Zur Person Buterin wurde 1994 in Moskau gebo- ren, wanderte später jedoch mit seinen Eltern nach Kanada aus. Schon früh fiel der hagere Bub, der bis heute aus kaum mehr als Haut und Knochen besteht, durch sein natürliches Talent für Mathe- matik, Programmieren und Wirtschafts- wissenschaften auf. Sozial pflegte er ein Einzelgängerdasein und betrach- tete sich selbst immer als Produkt der Internetkultur. Als er 2011 über seinen Vater das erste Mal mit Blockchain in Kontakt kam, wollte er selbst Bitcoins in die Hände bekommen. Für Beiträge in Blogs ließ er sich mit Bitcoins bezahlen und gründete etwas später das Bitcoin Magazine. 2013 reiste er als journalisti- scher Vertreter zu einer Konferenz nach San José, die alles verändern sollte. Schlagartig beschloss er, sein Studi- um abzubrechen, und reiste für sechs Monate um die Welt, um Entwickler zu treffen und sich voll auf die Materie einzulassen. Zurück in Toronto, war er überzeugt davon, dass dem Ökosystem eine einheitliche Programmiersprache fehlte und so schrieb er das White- Paper zu Ethereum. Credit: Vitalik Buterin/twitter.com, Nikolay/stock.adobe.com Vitalik Buterin, Entwickler von Ethereum
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