GELD-Magazin, Juni 2021
2 Künstliche Intelligenz in der Medikamenten-Entwicklung Künstliche Intelligenzwird indiversen Industrieneingesetzt, soauch inder Medikamenten-Entwicklung. Dr. Daniel Koller spricht über dieChancenund vielversprechenden Investmentkandidaten. Wieso gilt gerade der Biotech-Sektor als einer der Hauptprofiteure von Künstlicher Intelligenz? Die pharmazeutische Forschung erfordert das Ana- lysieren umfangreicher Datenmengen, um Krank- heiten zu verstehen und neue Medikamente zu ent- wickeln. Die Biowissenschaften sind einer der reich- haltigsten Bereiche in Bezug auf Datenvielfalt und -zugänglichkeit, angefangen bei der genetischen In- formation eines Virus bis zu von Patienten gewon- nenen Biomarkern. Diese Fülle an ständig wachsen- den Informationen macht es zum perfekten Terrain für die Anwendung von Methoden der Künstlichen Intelligenz, die auf qualitativ hochwertige Datensät- ze angewiesen ist. Unserer Meinung nach kann KI überall in der Wertschöpfungskette der Medika- mentenentwicklung eingesetzt werden, um die Ent- wicklung schnellerer und hochwertigerer Medika- mente zu unterstützen. In welchen Bereichen ist das Potenzial aus Ihrer Sicht durch KI besonders groß? Wo liegen Ri- siken? Derzeit liegt der Großteil der Aufmerksamkeit auf der Forschungsphase, in der neue Moleküle ent- worfen werden. Relay Therapeutics ist ein solches Beispiel, wo der Zugang zu einzigartiger Rechenlei- stung dem Unternehmen einen Vorteil beim Ver- ständnis der Molekulardynamik verschafft. In ähn- licher Weise nutzt Black Diamond Therapeutics fortschrittliche Analytik, um die Auswirkungen ver- schiedener Mutationen auf ein onkologisch rele- vantes Protein-Target zu verstehen. Wir denken, dass KI Hand in Hand mit einem menschlichen Ex- perten arbeiten muss. Maschinenlernende Systeme sind relativ neu in der Forschung, die ideale Lö- sung ist wahrscheinlich eine sorgfältige Balance zwischen experimentellen und rechnerischen An- sätzen. Neben der frühen Forschung setzen einige Unterneh- men wie Moderna auf KI, um ihre Herstellung und Produktion zu optimieren. Dieser Bereich ist nicht einzigartig in der Biotechnologie, aber er hat zum Beispiel eindeutig dazu beigetragen, dass der Impf- stoff Covid-19 so schnell entwickelt werden konnte. Schließlich glauben wir, dass KI eine große Rolle bei der Vermarktung von Medikamenten spielen kann, indem sie die Bereitstellung des richtigen Medika- ments für den richtigen Patienten ermöglicht. Wie sehen die Prozesse aus bei der Identifizie- rung von potenziellen Investmentkandidaten? Das Team denkt über KI-bezogene Biotech-Unter- nehmen ähnlich wie über den Rest des Portfolios. Die Unternehmen müssen über starke Fundamen- taldaten verfügen und einen klaren Fokus darauf haben, neue Therapien auf den Markt zu bringen. Bei der Bewertung von KI-bezogenen Biotech-Un- ternehmen messen wir auch der verwendeten Technologie einen zusätzlichen Wert bei. Manch- mal ist es ein einzigartiger Datensatz von hoher Qualität, manchmal ist es die Recheninfrastruktur, die das Unternehmen vom Rest abhebt. Es ist wich- tig, auf diesem sich schnell entwickelnden Gebiet der KI auf dem Laufenden zu bleiben. Dazu ist es notwendig, die neueste Literatur zu lesen und die Anwendung der Technologie in der Medikamenten- entwicklung kritisch zu betrachten. www.bbbiotech.com INTERVIEW . Daniel Koller, BB Biotech AG Dr. Daniel Koller, Head Investment Team bei BB Biotech AG FOTO: beigestellt Zur Person Dr. Daniel Koller kam 2004 zu Bellevue Asset Management und ist seit 2010 Head des Investment Management Teams der BB Biotech AG. Von 2001– 2004 war er als Investment Manager bei equity4life Asset Management AG und von 2000–2001 als Aktienanalyst bei UBS Warburg tätig. Er absolvierte ein Studium in Biochemie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich und promovierte in Biotechnologie an der ETH und bei Cytos Biotechnology AG, Zürich. Juni 2021 – GELD-MAGAZIN . 55
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