GELD-Magazin, Juni 2021

D ie zuletzt beachtlichen Preisan- stiege bei den meisten Rohstoffen sind auf Basiseffekte zurückzufüh- ren. Mangelnde Kapazitäten aufgrund ge- ringerer Investitionen während der Corona- krise, teilweise noch Probleme in den Liefer- ketten und Nachholeffekte beim Konsum, die auf noch begrenzte Angebote treffen. Sie führen zu temporären Engpässen. Kämpfte zum Beispiel die Stahlindustrie in Europa lange Zeit mit Überkapazitäten und Preis- verfall, haben sich nun die Eisenpreise in den vergangenen Monaten mehr als verdop- pelt. Ähnlich verhält es sich bei Kupfer, Alu- minium oder Silber. Bei Bauholz kam es z.T. sogar zu Preisvervielfachungen. Zu hohe Rohstoffpreise sind aber von der Industrie und seitens rohstoffhungriger Länder uner- wünscht. China ging bereits dagegen vor, woraufhin die Eisenerzpreise wieder unter Druck geraten sind. Daher ist davon auszu- gehen, dass sich die Steigerungen bei den meisten Rohstoffpreisen wieder einbremsen werden. Energiewende treibt Rohstoffpreise Anders sieht es bei Rohstoffen aus, die für die Produktion und Speicherung von Ener- gie gebraucht werden. Hier scheint sich ein Superzyklus – d.h. durch eine hohe Nachfra- ge über Jahre anhaltende Preissteigerungen – abzuzeichnen. Experten von Goldman Sachs und Bank of America bestätigen diese Annahme. Sie erwarten, dass die Nachfrage nach Metallen durch hohe Investitionen im Bereich der erneuerbaren Energien und Elektromobilität und somit die Preise von Li- thium, Kupfer, Nickel, Kobalt und Seltene Erden weiter steigen werden. Die Internatio- nale Energieagentur IEA warnt bereits vor einem Mangel dieser kritischen Metalle auf- grund der voranschreitenden Energiewende – bis 2040 könnte sich der Gesamtbedarf des Energiesektors an kritischen Mineralien um das Sechsfache erhöhen. Im Gegensatz zu Öl, einer Ware, die weltweit produziert und auf liquiden Märkten gehandelt wird, ist die Produktion und Verarbeitung vieler Mine- ralien, wie Lithium, Kobalt und einiger Sel- tener Erden in einer Handvoll Länder hoch konzentriert, wobei auf die drei größten Hersteller mehr als 75 Prozent der Liefe- rungen entfallen. Praktisch alle Autohersteller haben sich be- reits auf die Energiewende eingestellt und produzieren zunehmend Elektro-Fahrzeuge. 2020 legten die Verkaufszahlen von E-Autos in Europa um 140 Prozent zu. Bis 2030 will VW rund 70 Prozent seines Autoabsatzes durch E-Autos abdecken, BMW etwa 50 Pro- zent. Dem Marktforschungsinstitut Markit IHS zufolge soll alleine heuer der Absatz an E-Autos weltweit um 70 Prozent zulegen. Dem Lithium-Ionen-Akku fällt dabei eine zentrale Rolle zu, wodurch die Autoherstel- ler Unsummen in die hauseigenen Ferti- gungen investieren, um von Lieferanten in China, Südkorea oder Japan unabhängiger zu werden. So errichtete Tesla bereits soge- nannte Akku-Gigafactories in Nevada, Buf- falo, Shanghai und nun auch in Deutsch- land. In zahlreichen Kooperationen schlie- ßen sich die Schwergewichte der Fahrzeug- produzenten zusammen, um die Entwick- lung voranzutreiben – ob VW mit Northvolt, Mercedes mit Farasis oder BMW mit CATL und Samsung. Aber nur bei konstanter Zufuhr von Lithium- hydroxid, dem Ausgangsmaterial bei der Batterieproduktion, können die geplanten Fertigungskapazitäten ihr Potential auch entfalten. Jedes Batteriepaket eines Elektro- MÄRKTE & FONDS . Rohstoff-Zyklus Superzyklus bei Lithium Die Energiewende erfordert einen kompletten Wechsel bei der Produktion und Speicherung von Energie, was die Nachfrage nach bestimmten Rohstoffen nachhaltig steigern wird – allen voran bei Lithium, Kupfer, Silber und Nickel. MARIO FRANZIN Credits: beigestellt/Archiv; Kseniya Ragozina/stock.adobe.com Nach dem Hype im Jahr 2017, der den Lithium­ preis bis auf 25.800 Dollar je Tonne getrieben hatte, gab Lithium aufgrund von Überkapazi­ täten bis Ende 2020 bis auf rund 6000 Dollar nach. Erst seit Jahresbeginn erholte sich der Preis wieder auf derzeit 13.000 Dollar je Tonne. RICHTPREIS VON LITHIUMCARBONAT in USD/Tonne 4.000 18.000 16.000 14.000 12.000 10.000 6.000 8.000 2015 2016 2017 2018 2019 2020 „Kupfer, Lithium, Nickel und Kobalt sind allesamt Metalle, die für den Übergang zu einer kohlenstoffärmeren Wirtschaft uner­ lässlich sind. Die Preise für bestimmte Rohstoffe dürften daher noch einige Zeit hoch bleiben.“ Chris Iggo, CIO Core Invest­ ments, AXA Investment 48 . GELD-MAGAZIN – Juni 2021

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