GELD-Magazin, Juni 2021
5 Shell, ExxonMobil und die EU-Taxonomie Vor einigen Tagen hat das Umweltbundesamt zu einer Informations- veranstaltung zum Thema EU-Taxonomie geladen und den Kreis der TeilnehmerInnen über den aktuellen Stand der Dinge aufgeklärt. Die einleitenden Worte von Jürgen Schneider, Sekti- onschef Klima und Energie im Bundesministerium, ließen die Zuhörerschaft mit den jüngsten Beispie- len Shell und ExxonMobil sofort in medias res gehen – und ja, es tut sich viel im Bereich Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Die letzte Woche war extrem spannend mit dem absolut bemerkenswerten Urteil in den Niederlanden gegen den privaten Öl- und Gaskonzern Shell. Erstinstanzlich wurde Shell dazu verpflichtet, seinen CO 2 -Ausstoß bis 2030 drastisch zu reduzieren! Das beweist, dass Europa die Klima- ziele ernst nimmt! Bemerkenswertes Gerichtsurteil, dramatische Hauptversammlung Und auch der Erfolg eines Hedgefonds gegen den amerikanischen Ölkonzern ExxonMobil ist ein Mei- lenstein für den Klimaschutz. Auf der dramatischen Hauptversammlung wählten die Aktionäre zwei Dis- sidenten ins zwölfköpfige Board des Öl-Konzerns und setzten sich so gegen das ExxonMobile Management durch. Hier wurde am Mittwoch wohl Corporate Go- vernance-Geschichte geschrieben. Das sind Beispiele, die zeigen, dass der Frage, was denn eigentlich nachhaltige und grüne Wirtschafts- aktivitäten sind, immer mehr an Bedeutung zu- kommt. Die EU-Taxonomie ist in Zukunft wohl der Goldstandard mit dem dies festgestellt werden wird. Mit Verzögerung, aber doch, wurde im April der de- legierte Rechtsakt als Meilenstein von der Europä- ischen Kommission vorgelegt. Schneider betont, dass Österreich sich aktiv gegen Greenwashing ein- setzt und somit eine Taxonomie will, die wissen- schaftsbasiert und mit dem Pariser Klimaabkommen kompatibel ist – und das bedeutet, dass für fossile Energien kein Platz mehr ist. Und tatsächlich verän- dert sich diesbezüglich gerade wohl wirklich einiges in der Welt. Net-Zero, wie das Ziel der CO 2 -Neutrali- tät auch genannt wird, ist also noch nicht verloren. Die treibenden Faktoren dafür kommen aus zwei Richtungen. Veränderte Marschrichtung der Banken Es sind die Investmentbanken, die Energieprojekte weltweit finanzieren. Seit dem Klimaabkommen von Paris 2015 bekannten sich zwar immer mehr Finan- zinstitute zum Klimaschutz, der Rückzug aus fossilen Brennstoffen ging allerdings nur langsam vonstatten. Erst heuer zeichnet sich eine Wende ab. In den letzten fünf Jahren pumpten Banken über Anleihen und Kre- dite 3,6 Billionen Dollar in Kohleminen und -kraft- werke, die Förderung und Verarbeitung von Öl und Gas. Fast dreimal mehr als in „saubere“ Energie. So er- mittelte Bloomberg, die sich durch die Kredite und Anleihen von 140 Finanzinstituten weltweit gegraben hat. Für 2021 jedoch sagen die Zahlen etwas anderes. Erstmals finanzieren Banken grüne Projekte großzü- giger als fossile: 203 Milliarden Dollar bis Mitte Mai stehen 189 Milliarden gegenüber. Immer mehr Staa- ten bekennen sich zu Net-Zero, zuletzt die drei groß- en asiatischen Volkswirtschaften China, Japan und Südkorea – und dies spiegelt sich auch im Verhalten der Finanzwirtschaft wider. In den kommenden zehn Jahren will man mindestens vier Billionen Dollar in nachhaltige und klimafreundliche Projekte leiten. Anleger als Hoffnungsschimmer für Klimaschutz Immer mehr Investoren verlangen von den Unterneh- men ein Geschäftsmodell, das dem Szenario einer kli- maneutralen Wirtschaft standhält. Diese Erfahrung durfte wie oben erwähnt ExxonMobil machen. „Engi- ne No.1“, ein junger, kleiner Hedgefonds aus New York, brach zur Hauptversammlung einen sogenann- ten Proxy-Fight vom Zaun. Dabei ging es um die Frage, wer im Aufsichtsrat sitzt und so die Leitlinien des Unternehmens bestimmt. ExxonMobil stimmte gegen den Vorschlag von vier Kandidaten, die über Expertise beim Thema Nachhaltigkeit verfügen – und verlor die Abstimmung. So einfach ist das und gibt Zuversicht: Wenn es möglich ist, ExxonMobil ins Wanken zu bringen, dann ändert sich wohl wirklich gerade so einiges in unserer Welt! www.dragonfly.finance GASTBEITRAG . Susanne Lederer-Pabst, dragonfly finance Dr. Susanne Lederer-Pabst, dragonfly finance FOTO: beigestellt Juni 2021 – GELD-MAGAZIN . 21
RkJQdWJsaXNoZXIy MzgxOTU=