GELD-Magazin, Mai 2021

Es ist richtig gewesen, dass der Staat hier viele Hilfen bereitgestellt hat. Aufgrund der vergleichbar guten Haushaltslage gab es hier auch den notwendigen Spielraum. Die Kurzarbeit war ein erfolgreiches Instru- ment, um viele Menschen in Beschäftigung zu halten und die Einkommen der Haus- halte zu stabilisieren. Bei vielen Hilfen hät- te man sich eine schnellere Abwicklung ge- wünscht. Auch die Treffsicherheit hätte im Nachhinein besser laufen können. Insge- samt ist die Situation schwierig, wenn sich die Krise aufgrund der immer wiederkeh- renden staatlichen Restriktionen so lange hinzieht. Mit Umsatzersatz oder Kurzarbeit kann kurzfristig gegengesteuert werden. Mittlerweile haben wir aber schon über ein Jahr eine Krise. Das ist einerseits sehr teuer, und auf der anderen Seite schafft die Ab- hängigkeit vom staatlichen Geld weitere Probleme, und es besteht die Gefahr, dass der Aufschwung gebremst wird. Viele Hil- fen sind eher darauf ausgelegt, so wenig wie möglich aufzusperren. Genau das Ge- genteil wird es im Aufschwung brauchen. Daher wäre es auch wichtig, die Kurzarbeit dahingehend zu reformieren, dass der Staat nur die Ausfallstunden kompensiert und in der nächsten Phase schrittweise der Aus- stieg eingeleitet wird. Wie man es dreht und wendet, wird der Staat viel Geld zur Bekämpfung der Krise in die Hand nehmen müssen. Wie soll der ohnedies hohe Schuldenturm abge- tragen werden? Es wird immer viel über die Schulden auf- grund der Krise geredet, aber diese sind zeitlich und vom Ausmaß her begrenzt. Wir haben jedes Jahr ein Defizit im Pensionssy- stem, was in ähnlichen Dimensionen aus- fällt wie die Corona-Hilfen. Das leisten wir uns jedes Jahr. Natürlich wird es eine Lö- sung brauchen, wie wir wieder runterkom- men von dem Schuldenstand, den wir jetzt erreichen werden. Man hat sich in der EU einmal auf eine Maximalhöhe der Staats- verschuldung von 60 Prozent im Verhältnis zum BIP verständigt. Das erfüllt kaum noch jemand. Österreich wird dieses Jahr an den 90 Prozent kratzen. Aufgrund der niedrigen Refinanzierungskosten des Staates können wir aber unter bestimmten Vorausset- zungen aus den Schulden herauswachsen. Dafür brauchen wir strikte Budgetdisziplin, die man in Österreich meist nur über vorge- schriebene Fiskalregeln erreicht. Zusätzlich muss die Ausgabendynamik über Reformen eingebremst werden. Beispielsweise durch die bereits angesprochene Pensionsreform. Auch nach Corona wird der Klimawandel ein entscheidendes Thema bleiben. In ei- ner Analyse der Agenda Austria heißt es: „Mit dem Markt das Klima retten“. Kön- nen Sie das Konzept kurz vorstellen? Das Problem der Treibhausgasemissionen ist, dass am Markt für sie kein Preis gefun- den wird. Die Umwelt gehört uns allen bzw. niemandem alleine. Es braucht daher die Gemeinschaft, also den Staat, um als Eigen- tümer hier einen Preis zu finden. Sobald es einen Preis gibt, der das Ausmaß der Um- weltschäden beziffert, oder in seiner Len- kungswirkung die Emissionen auf die Ziel- werte reduziert, funktioniert der Markt wie- der und kann das Problem lösen. Das kann entweder über eine Steuer auf CO 2 oder noch besser über ein Emissionshandelssy- stem passieren. Letzteres hat den Vorteil, dass es sich global leichter erweitern lässt. Schließlich braucht es für die Bekämpfung des Klimawandels weltweite Maßnahmen. Politisch attraktiver sind allerdings ord- nungsrechtliche Maßnahmen, also bei- spielsweise das Verbot des Verbrennungs- motors, weil sich diese besser vermarkten lassen. Die Regierung setzt so viele kleine Maßnahmen im Kampf gegen den Klima- wandel. Aber dieser Flickenteppich verzerrt den Markt, macht eine Steuerung schwierig und birgt die Gefahr, dass sie das Ziel nicht erreichen und auch eine Reihe von unge- wollten Nebenwirkungen haben können. Mit einem Verbot braucht es auch die Alter- native: Von einer besseren Energiequelle, zur Speicherung bis zur Versorgung im Haushalt. Das Verbot alleine wird nicht reichen. www.agenda-austria.at Soviele Arbeitlose kommen auf eine offene Stelle Quelle: Berechnungen Agenda Austria, AMS Verhältnis von Arbeitslosen zu offenen Stellen Wien Burgenland Kärnten Niederösterreich Steiermark Tirol Vorarlberg Salzburg Oberösterreich 9,0 16,0 6,9 9,7 5,0 7,4 4,4 6,2 3,1 5,2 2,7 6,6 2,6 4,5 1,9 4,0 1,7 2,8 2019 2020 Österreich ist in Sachen Arbeitslosigkeit keine Insel der Seeligen mehr. Bessere Qualifikation wäre ein probates Mittel, um die Situation zu verbessern. INTERVIEW . Hanno Lorenz, Agenda Austria 10 . GELD-MAGAZIN – Mai 2021

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