GELD-Magazin, April 2021
Auch Dieter Hengl, Vorstandsvorsitzender der Schoellerbank, sieht recht optimistisch in die Zukunft: „Die Kapitalmärkte konnten sich nach den Einbrüchen im vergangenen Jahr wieder sehr rasch erholen. Die Real- wirtschaft benötigt für eine derartige Erho- lung nach Krisen erfahrungsgemäß deutlich länger. Da jedoch die Impfungen immer mehr voranschreiten, rechnen wir im Laufe der Sommermonate mit einem spürbaren Wirtschaftsaufschwung. Die Aktienmärkte haben diese Entwicklung mit unterschied- lichen Geschwindigkeiten schon vorwegge- nommen: Während verschiedene US-Bör- sen einen neuen Höchststand nach dem an- deren erreichen, hinkt der Aufschwung in Europa noch etwas nach. Daher besteht diesseits des Atlantiks vergleichsweise ho- hes Aufholpotenzial, vor allem in jenen Sek- toren, die bisher zurückgeblieben sind.“ Investmentchancen Wie beurteilen die Experten nun die Situati- on der Aktienmärkte? Ist hier vielleicht be- reits eine Überteuerung festzustellen? Hengl: „Betrachtet man die aktuelle Bewer- tungssituation an den Börsen, so sind die wichtigen Aktienindizes tatsächlich sehr teuer geworden. Insbesondere Wachstums- werte aus dem Technologiesektor galten als Corona-Profiteure, die zu jedem Preis ge- kauft wurden. In den letzten Monaten ha- ben die bisherigen Nachzügler aufgeholt und den Indizes zusätzlich einen Bewer- tungsschub verliehen. Mittlerweile muss man bei der Aktienauswahl daher beson- ders selektiv vorgehen, um das Portfolio nicht zu korrekturanfällig zu gestalten. In der Schoellerbank setzen wir deshalb mehr denn je auf günstige Qualitätsaktien mit langfristigen Wachstumsaussichten und in- vestieren nicht in die Breite der Indizes.“ Nemeth von der Zürcher Kantonalbank äu- ßert sich ähnlich: „Die Bewertung der Ak- tienmärkte gemessen an traditionellen Fak- toren hat in den letzten zwölf Monaten zu- gelegt, viele Börsen sind demnach teuer ge- worden. Vergleicht man aber die Aktien- märkte relativ zu anderen Anlageklassen, wie beispielsweise Anleihen, und zieht auch die aktuelle Liquiditätssituation in Betracht, Investment-Ampeln Zur schnellen Orientierung hat das GELD-Magazin „Investment-Ampeln“ (Seiten 20 und 21) mit den Privat- banken-Profis erstellt. „Rot“ steht dabei für untergewichten bzw. nicht kaufen. „Gelb“ bedeutet eine neutrale Gewichtung und bei „Grün“ ergeben sich die besten Chancen. Daran teil- genommen haben: Kathrein, Liechten- steinische Landesbank (Österreich), Zürcher Kantonalbank (Österreich), Schoellerbank und Euram Bank. Erfreulich: Die Experten gehen von einer deutlichen wirtschaftlichen Erholung nach Überwindung der Corona-Krise aus. Jedenfalls eröffnen sich interessante Investmentchancen, wobei die Privatbanker Aktien als die attraktivste Asset-Klasse bezeichnen. Titel hoher Qualität stehen im Fokus. ergibt sich ein deutlich positiveres Bild für die Aktienmärkte. Mit zunehmender wirt- schaftlicher Erholung werden auch die Un- ternehmensgewinne stark ansteigen, was die Börsenkurse zusätzlich stützen sollte.“ Euram-Vorstand Huber meint: „Über die vergangenen Jahre haben Aktien außerge- wöhnlich hohe Renditen gebracht, weil Un- ternehmensgewinne kräftig zulegten und Aktienbewertungen gestiegen sind. Grund- los? Nein, denn einerseits sind Anleihen als Veranlagungsinstrument durch die Niedrig- zinspolitik der Notenbanken als Anlageal- ternative ausgeschieden und andererseits sind enorme Mengen an Geld in Sachwerte, eben Aktien, geflossen. Leitet man das KGV für Aktien mittels der inversen Anleiheren- dite her, so ist für die Aktienbewertung noch einiges an Luft nach oben möglich. Eine Überteuerung angesichts zu erwar- tender Lockerungen sehen wir aktuell daher nicht.“ Holzer von Kathrein möchte eben- falls Aktien nicht pauschal als überbewertet bezeichnen: „Betrachtet man die Ertragser- wartung, sind sie im Vergleich zu Anleihen sogar günstig. Aber man sollte durchaus ge- nauer hinschauen, manche Segmente wei- sen erhöhte, vielleicht zu hohe Bewer- tungen auf. Wir haben schon im letzten Jahr darauf hingewiesen, dass eine Sektorrotati- on weg von Growth, hin zu Value einsetzen könnte. Diese ist mit dem Aufschwung der Wirtschaft tatsächlich eingetreten.“ Fair bewertet LLB-Vorstand Friedrich meint abschlie- ßend: „Die rasche Erholung an den Aktien- märkten lässt die Bewertung auf KGV-Ebene für 2021 ,fair‘ aussehen, die wieder stei- genden Dividenden sind aber attraktiv im Vergleich zu anderen Anlagemöglichkeiten. Das jetzt schon ansprechende Gewinn- wachstum für 2021 dürfte im Verlauf des Jahres eher noch besser werden. Wir rech- nen damit, dass die erwarteten Gewinner- holungen in diesem sowie im nächsten Jahr zu einer Entspannung auf der Bewertungs- seite führen sollten. Insbesondere erschei- nen Pharmaunternehmen als sehr attraktiv bewertet.“ Fazit: Corona mahnt zur Vor- sicht, die Anlagechancen sind aber intakt. 22 . GELD-MAGAZIN – April 2021 BANKING . Strategie der Privatbanken
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