GELD-Magazin, April 2021
nun erstens viel besser verglichen werden und zweitens gibt es dem Investor die Si- cherheit, dass nachhaltig gekennzeichnete Produkte auch wirklich nachhaltig sind.“ Nicht auf Verordnung gewartet Anita Frühwald von BNP Paribas, sie ist ebenfalls VAIÖ-Vorstandsmitglied, fügt hin- zu: „Die Branche nimmt das Thema ESG/ Nachhaltigkeit sehr ernst, und mit der neu- en Verordnung wird EU-weit ein institutio- neller Rahmen geschaffen, der für alle glei- chermaßen gilt. Durch die Unterzeichnung der UN PRI (Principles for Responsible In- vestments) und Implementierung der UN Global Compact Principles haben viele Pla- yer in unserer Branche aber schon viel frü- her erste Schritte in Richtung Nachhaltig- keit gesetzt und diese konsequent weiter- entwickelt. Und wir dürfen auch unsere Kunden nicht vergessen. Frankreich ist da ein gutes Beispiel: Die großen Pensions- fonds haben bald nach der Jahrtausend- wende ihre Anlagepolitik nachhaltig ausge- richtet und damit ihre Asset Manager ange- stoßen, Expertise in diesem Bereich aufzu- bauen und weiterzuentwickeln.“ Auch Do- minik Benedikt, ESG-Analyst bei der Erste AM, verweist auf Eigeninitiative: „Die Erste AM verfolgt seit einiger Zeit konsequent den Weg, ihre Produktpalette noch nachhaltiger auszurichten. Anfang 2020 wurde begon- nen, ESG-Kriterien, die den Risiko-adjus- tierten Ertrag verbessern können, in bisher traditionell verwalteten Fonds zu integrie- ren. Durch die angewandten Prozesse kann beispielsweise die CO 2 -Intensität deutlich reduziert, die Qualität der Unternehmens- führung in den Fonds verbessert und Ver- strickungen in Verstöße gegen internationa- le Normen minimiert werden.“ Überforderte Kunden? Wolfgang Pinner, Leiter der Abteilung „Nachhaltige Investments“ in der Raiffeisen KAG, hat aber auch kritische Anmerkungen: „Die neue Verordnung kam sehr kurzfristig auf die Fondsbranche zu, dementsprechend waren nicht nur die erforderlichen Daten eine Herausforderung, sondern auch die In- terpretation der Texte der Verordnung. Prinzipiell ist es ein guter Schritt, im Fi- nanzsektor das Thema Nachhaltigkeit regu- latorisch zu verankern.“ Laut dem Experten ebenfalls nicht zu vergessen: „Der bürokra- tische Aufwand für diverse Veröffentli- chungen steigt an, die Kundin und der Kun- de haben die Möglichkeit, sich besser zu in- formieren. Das Miteinbeziehen des Themas Nachhaltigkeit in den Beratungsprozess ist bereits vor der Verpflichtung in vielen Fäl- len ein großes Thema. Ich denke, eine Stan- dardisierung sollte keine Erschwernis mit sich bringen. Etwas übertrieben hat es die EU wohl mit dem geforderten Umfang. Kun- den werden mit der Fülle der Information möglicherweise überfordert sein und diese nicht entsprechend aufnehmen.“ Das Schlusswort gehört Berndt May, VAIÖ-Ge- neralsekretär: Er wünscht sich EU-weit ein- heitliche Qualitätsstandards zum Thema ESG: „Die momentane Ausgestaltung von unterschiedlichen nationalen Standards und Ausschlusskriterien schwächt Effizienz und praktischen Nutzen der Regulierung, die an sich sehr gut gelungen ist.“ Grundsätzliches in Kürze Die neue EU-Bestimmung kennt zwei Arten von Adressaten: Finanzmarktteil- nehmer und Finanzberater Ziele der Verordnung: Abbau von Informationsasymmetrien zwischen Auftraggebern und Auf- tragnehmern im ESG-Bereich in Bezug auf Finanzdienstleistungen bzw. -produkte. Auftraggeber bzw. „Endanleger“ sollen erhöhte Trans- parenz erfahren bei: Einbeziehung von Nachhaltigkeits risiken Berücksichtigung nachteiliger Nachhaltigkeitsauswirkungen Bewerbung ökologischer oder sozialer Merkmale in Finanzpro- dukten & nachhaltigen Investitionen Ausnahmen: Die Verordnung gilt in weiten Teilen seit 10. März 2021. Sie gilt nicht für: Versicherungsvermittler, die Versicherungsberatung für IBIP anbieten Wertpapierfirmen, die Anlagebera- tung anbieten (sofern die genannten Unternehmer/Unternehmen weniger als drei Personen beschäftigen) Mitgliedstaaten können allerdings die Anwendung der Verordnung auch auf die oben genannten Unterneh- mer/Unternehmen beschließen (Art. 17 Abs. 2) „Anfang 2020 haben wir begonnen, ESG- Kriterien auch in bisher traditionell verwalteten Fonds zu integrieren.“ Dominik Benedikt, ESG-Analyst, Erste AM „Wir begrüßen das Bestreben der politischen Entscheidungsträger, die Transparenz zu erhöhen.“ Thomas Loszach, Länderchef CEE, Fidelity International „Kunden werden mit der Fülle der Informationen möglicherweise überfordert sein.“ Wolfgang Pinner, Nachhaltigkeits-Experte, Raiffeisen KAG April 2021 – GELD-MAGAZIN . 15
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