GELD-Magazin, März 2021
M itte Februar wurde in Finnland eine neue Corona-Mutante ent deckt (Fin-796H). Sie kommt zu den bislang bekannten drei Linien (siehe Kasten) hinzu. Allesamt wei- sen sie eine höhere Infektiosität auf als der Wildtyp aus Wuhan. Bei der finnischen Mutante wird zusätzlich befürchtet, dass die herkömmlichen PCR-Tests auf das veränderte Genom nicht an- sprechen. In der Regel unterschei- den sich die SARS-CoV-2-Viren durch geringfügige Änderungen vor allem in jener DNA-Sequenz, die für die Kodierung der Spike-Proteine zustän- dig ist. Und diese sind einerseits maßgeblich für den Kontakt und den Eintritt in die Kör- perzellen – also die Infektiosität – und ande- rerseits für die Auslösung von z.T. patho- genen Immunreaktionen. Aufgefallen ist eine Veränderung des Virus erstmals im September in Großbritannien. Bis dahin wurden zwar Corona Tests (Antigen- Schnell- oder PCR-Tests) gemacht, um infi- zierte Personen zu erkennen, jedoch kaum DNA-Sequenzierungen durchgeführt, die im Labor viel aufwändiger und teurer sind. Aus diesem Grund gibt es nur sehr mangelhafte Statistiken über die Verbreitung der Mutati- onen. Fakt ist aber, dass sie sich überall ver- breiten – natürlich auch in Österreich. Mutation und Selektion Grund für die allmähliche genetische Verän- derung der Viren sind Spontanmutationen in der etwa 30.000 Basenpaare umfas- senden RNA. Nach dem allgemeingültigen Schema in der Natur „Mutation und Selekti- on“ setzen sich immer die stärkeren – sprich infektiöseren – Varianten durch. Bekannt ist dieses Phänomen auch bei Bakterien, was zu dem Problem der Antibiotika-Resistenzen führt. Beim Corona-Virus wird angenom- men, dass mit zunehmender Anzahl infi- zierter bzw. geheilter Personen, diese den Viren praktisch keine andere Chance lassen, als durch Mutationen das Immunsystem des Wirtes zu umgehen. Und einige Fälle sind ja bereits bekannt. Leben mit demVirus Die deutsche Virologin Melanie Brinkmann von der TU Braunschweig ist sich sicher, dass der Kampf gegen die Corona-Mutanten bereits verloren ist. In Österreich verdrängt z.B. die Briten-Mutante im Osten allmählich den Wildtyp. In Tirol gibt es bereits einen Cluster der Südafrika-Variante. Das klingt eigentlich relativ isoliert, ist es aber nicht. Staatsgrenzen gelten für die Viren nicht und jeder infektiösere Typ setzt sich auch überall durch – bestenfalls mit einer Zeitverzöge- rung. „Wir kriegen niemals genügend Men- schen geimpft, bevor die Mutanten durch- schlagen“, meint Brinkmann in einem Inter- view gegenüber dem „Spiegel“, die auch dem wissenschaftlichen Beraterstab von An- gela Merkel angehört. „Erst das Impfen wird uns aus der Pandemie befreien, wenn sie weltweit abflaut.“ 2021 wird demnach nicht den erhofften Sieg über das Virus bringen. Brinkmann ist sich sicher: „Corona wird uns 2022 noch beschäftigen und wahrscheinlich darüber hinaus.“ Brinkmann gilt als eine Verfechterin einer radikalen Corona-Strate- gie die unter dem Schlagwort „No-Covid“ immer mehr an Fahrtwind erhält. Sie und eine Gruppe aus weiteren Wissenschaftlern glauben nicht daran, dass man mit dem Vi- rus leben könne, sondern, dass es besiegt werden müsse. BRENNPUNKT . Corona-Mutationen Wie groß ist die Gefahr, dass uns Mutationen des SARS-CoV-2-Virus auf Dauer wellenartig überrollen und immer wieder Lock Downs notwendig machen? Hier kann beruhigt werden, die Pharmaindustrie wird letztendlich den Kampf gewinnen. MARIO FRANZIN Credits: Design Cells /stock.adobe.com; beigestellt Natürliche Selektion 14 . GELD-MAGAZIN – März 2021
RkJQdWJsaXNoZXIy MzgxOTU=