GELD-Magazin, Februar 2021
BRENNPUNKT . Kurzmeldungen Starke Verluste. Viereinhalb Jahre nachdem die britischen Wähler für einen Austritt aus der EU votierten, konnte endlich ein gemein- sames Vertragswerk finalisiert werden. Ro- bert Lind, Volkswirt bei Capital Group, kom- mentiert: „Strafzölle auf Güter sind zwar ab- gewendet worden, ein deutlicher Einschnitt ist dennoch zu erwarten.“ Einer der unmittel- barsten Effekte sind Grenzkontrollen und Zollanmeldungen. Diese dürften britische Unternehmen rund sieben Milliarden Pfund jährlich kosten. Über einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren könnte es einen Rückgang des britischen BIP von fünf bis sieben Prozent ge- ben. Langfristig dürften auch britische Aktien unter diesem Einbruch leiden. Guter Start. Die österreichische Industrie blieb trotz der Verschärfung des Lock Downs zu Beginn 2021 auf Wachstumsschiene. Der UniCredit Bank Austria Einkaufs-Manager-Index stieg im Jänner auf 54,2 Punkte. Damit liegt der Indikator mittlerweile be- reits den siebenten Monat in Folge über der Schwel- le von 50 Punkten, die Wachstum signalisiert. Der positive Jahresauftakt zeigt sich auch in einer erneut verbesserten Auftragslage und weiteren Zuwächsen in der Produktion. Erstmals seit Beginn der Pande- mie sind neue Jobs entstanden. Mit dem leichten Aufschwung gegenüber dem Jahresausklang unter- scheidet sich der Trend in Österreich von der ge- samteuropäischen Entwicklung. Der Einkaufsmana- ger-Index für die verarbeitende Industrie im Euro- raum ist im Jänner um einen halben Punkt auf 54,7 Punkte gesunken, da vor allem die deutsche Indus- trie ihr Wachstumstempo reduziert hat. USA: „Amtrak Joe“ ist am Zug 180-Grad-Kehrtwende. Joe Biden wird auch „Am- trak Joe“ („Der Mann im Zug“) genannt. Denn ge- wöhnlich nutzt er für die Reise von Washington zu seinem Wohnsitz in Wilmington, Delaware, seit 1976 die Bahn. Zwar wird Biden jetzt in die schwere Präsidentenlimousine (genannt „The Beast“) umstei- gen, die Umweltfrage bleibt für ihn aber nicht nur persönlich wichtig: Sie steht im Zentrum seines poli- tischen Programms, die ersten ergriffenen Maßnah- men sind drastisch: Rückkehr in das Pariser Abkom- men und Abkehr vom umstrittenen Pipeline-Projekt Keystone XL. Im sozialen Bereich macht sich die Rol- le des neuen Präsidenten als Einiger bereits durch eine starke Beteiligung der Minderheiten sowie eine zunehmende Geschlechter-Parität innerhalb der Re- gierung bemerkbar. Auch sein Ansatz zur Pandemie- bewältigung scheint viel mehr auf Prävention und Schutz zu setzen als jener seines Vorgängers. Eben- falls lange herbeigesehnt: Im Kommunikationsstil ist nun das Ende der entbehrlichen Twitter-Gewitter ge- kommen. Olivier de Berranger, CIO des Vermögens- verwalters La Financière de l‘Echiquier, urteilt mit spürbarer Erleichterung: „Die Machtausübung hat allem Anschein nach wieder zur Normalität in einem klar umrissenen institutionellen Rahmen zurückge- funden. Zumindest in nicht-finanziellen Belangen schlägt Joe Donald K. o.“ Credits: Yaroslavna Kulinkina & scaliger/stock.adobe.com; FED official; beigestellt; pixabay Heimische Industrie: Wachstumskurs BREXIT Ende gut, nicht alles gut Arbeitswelt: Gefährliche Gräben Unterschätztes Problem? „Die Pandemie könnte noch größere und strukturellere Probleme auf dem Arbeitsmarkt aufgedeckt haben als der Konsens glaubt“, warnt Peter De Coensel, Finanzexperte bei DPAM. Zwar konnte der rasante Anstieg der Arbeits- losigkeit dank vieler Programme zur Job-Unterstüt- zung gedämpft werden. Solche Initiativen erfordern aber eine intelligente Ausgestaltung, die uner- wünschte Effekte begrenzt. Hierzu zählen Mitnah- meverluste, wie die Subventionierung von Arbeits- plätzen, die nicht gefährdet sind, sowie Verdrän- gungseffekte in Form der Subventionierung unren- tabler Arbeitsplätze. Diese können, wenn sie zu lan- ge angewendet werden, die langfristige Effizienz von Volkswirtschaften verringern, da sie notwendige wirtschaftliche Umstrukturierungen blockieren. Hö- here strukturelle Arbeitslosigkeit könnte laut De Co- ensel zu einem Albtraum werden. Peter De Coensel, CIO Fixed Income bei DPAM Olivier de Berranger, CIO von La Financière de l‘Echiquier 6 . GELD-MAGAZIN – Februar 2021
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