GELD-Magazin, Februar 2021
Chancen und Risiken von Investitionen in Schwellenländern Die Schwellenländer oder auch Emerging Markets genannten Anlage märkte in Südostasien, Lateinamerika und Osteuropa waren in den vergangenen Jahren immer wieder ein Thema bei den Anlegern. Schwellenländer verfügen im Vergleich zu den In- dustrienationen in der Regel über ein höheres volks- wirtschaftliches Wachstum. Zudem zeigten einzelne Märkte beziehungsweise einzelne Fonds immer wie- der eine sehr gute Wertentwicklung. Vielen kritischen Anlegern stellt sich allerdings gleichzeitig die Frage, ob sie mit ihren Investitionen tatsächlich von dem Wachstum innerhalb der Schwellenländer profitieren, oder profitieren sie nur verstärkt von dem globalen Wirtschaftswachstum? Schließlich gelten viele Schwellenländer als die Werkbänke der Industrienationen und die Entwick- lung der entsprechenden Branchen und Sektoren hängt dementsprechend von den wirtschaftlichen Trends in den Industrienationen ab. Oder anders ge- fragt: Kann ich als Anleger nicht über Investitionen in die großen Namen, zum Beispiel aus dem Seg- ment der Autobauer oder Luxusartikelhersteller aus den Industrienationen, auch von dem Wachstum in den Schwellenländern profitieren? Direkte und indirekte Skaleneffekte Grundsätzlich betrachtet, ist es aufgrund der Globa- lisierung so, dass ein Anleger durch Investitionen in Unternehmen aus den Industrienationen, die in den Schwellenländern aktiv sind, auch von dem Wachs- tum in diesen Regionen profitieren kann. Aber eben nur „auch“, das heißt, der Anleger profitiert hier zum Beispiel nur zum Teil von dem steigenden Konsum der wachsenden Mittelschicht. Denn die großen Un- ternehmen sind auch in anderen Regionen aktiv, wo- durch die Entwicklung ihrer Gewinne auch von an- deren Faktoren abhängig ist. Ebenso sind die großen Konzerne aus den Schwellenländern, insbesondere aus Asien, weltweit tätig, wodurch ihr Erfolg oft maßgeblich von den Entwicklungen in den Industrie- nationen abhängt. Allerdings profitieren die großen Unternehmen aus den Schwellenländern im Ver- gleich zu ihren Pendants aus den Industrienationen teilweise überproportional von dem Wachstum in ih- ren Heimatmärkten, da sie zwar global ausgerichtet sind, aber trotzdem auch als lokale Anbieter auftre- ten und so von den Trends innerhalb der einzelnen Länder profitieren können. Von Small- und Mid-Caps profitieren Um von den positiven Entwicklungen, die oftmals auch während internationaler Krisen in den einzel- nen Ländern weiter vor sich gehen, zu profitieren, bieten sich Fonds an, die ihr Kapital zumindest zu einem großen Teil in Unternehmen mit einer mittle- ren oder niedrigen Marktkapitalisierung, in die soge- nannten Small- und Mid-Caps aus den Schwellenlän- dern investieren. Denn gerade in diesem Segment findet man zum Beispiel die Handelsketten, die lokal in den einzelnen Ländern oder der Region tätig sind und so von dem steigenden Konsum profitieren. Ebenso findet man in diesem Segment Hersteller von Lebensmitteln, die speziell auf den Geschmack der Menschen in ihren Zielmärkten abgestimmt sind und so, zum Beispiel mit „Convenience Food“, ebenfalls von dem steigenden Wohlstand profitieren. Aller- dings können diese Fonds auch ein ganz anderes Rendite-/Risiko-Profil aufweisen als Fonds, die in große Unternehmen investieren. Fazit Insgesamt betrachtet, macht es für Investoren mit ei- ner hohen Risikotragfähigkeit Sinn, in einem globa- len Portfolio auch direkt in Schwellenländer zu inve- stieren, um so von dem höheren Wachstum in diesen Ländern/Regionen profitieren zu können. Allerdings weisen diese Länder/Regionen neben einer höheren Volatilität an den Aktienmärkten oftmals auch ein, im Vergleich zu den Industrienationen, höheres (geo-)politisches Risiko auf, wie man am Beispiel der Ukraine sehen kann. Dementsprechend müssen An- leger bei der Auswahl ihrer Zielmärkte neben den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch immer die (geo-)politische Lage berücksichtigen und beides fortlaufend beobachten. www.lipperleaders.com Detlef Glow, Head of Lipper Research EMEA Februar 2021 – GELD-MAGAZIN . 33 GASTBEITRAG . Detlef Glow, Lipper Research Credit: Archiv Für den Inhalt der Kolumne ist allein der Verfasser verantwortlich. Der Inhalt gibt ausschließlich die Meinung des Autors wieder, nicht die von Refinitiv.
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