GELD-Magazin, Februar 2021

D ie Stützungsmaßnahmen der Re­ gierung führten trotz tiefer Rezes­ sion dazu, dass laut KSV im Jahr 2020 in Österreich die Anzahl der Insolven­ zen um 39,5 Prozent auf 3034 Fälle zurück­ ging. Selbst Unternehmen, die nicht einmal ein normal verlaufendes Kalenderjahr über­ lebt hätten, werden damit künstlich am Le­ ben gehalten. Wie geht das? Neben diversen Coronahilfen ist hier eine sehr wesentliche Frist gestreckt worden: Dazu Rechtsanwalt Rupert Manhart von der Kanzlei Manhart Einsle Partner Rechtsanwälte: „Normaler­ weise ist das Insolvenzverfahren mit Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit oder einer Über­ schuldung zu eröffnen. Liegen die Voraus­ setzungen für die Eröffnung des Insolvenz­ verfahrens vor, so hat der Schuldner diese ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber sechzig Tage nach dem Eintritt der Zah­ lungsunfähigkeit, zu beantragen. § 9 des 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetzes sieht hier­ von folgende Abweichungen vor: Bis 31. März 2021 wird die Insolvenzantragspflicht des Schuldners bei Überschuldung ausge­ setzt – insofern sie nach dem 1. März 2020 eingetreten ist –, nicht aber bei Zahlungsun­ fähigkeit.“ Wenn „nur Überschuldung“ vor­ liegt, ist das Verfahren auch nicht auf An­ trag eines Gläubigers zu eröffnen: „Nach dem 31. März 2021 ist in der Regel binnen 60 Tagen der Insolvenzantrag zu stellen.“ Verschiedene Insolvenzverfahren Ab der zweiten Jahreshälfte 2021 wird es dann ernst und eine Pleitewelle könnte ohne weitere staatliche Hilfsmaßnahmen folgen. Firmen, die voraussichtlich in abseh­ barer Zeit zahlungsunfähig werden, sollten eine Sanierung vorbereiten und durchfüh­ ren, um eine Insolvenz abzuwenden. Im Fal­ le einer Insolvenz besteht die Möglichkeit von Sanierungsverfahren mit oder ohne Ei­ genverwaltung, Konkurs oder stillem Aus­ gleich. Während das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung die Regel ist, ist je­ nes mit Eigenverwaltung in der Praxis eher die Ausnahme. „Dadurch, dass die Eigen­ verwaltung nicht entzogen wird, wird der übliche Geschäftsgang weniger gestört. Nachteil ist aber die mit 30 Prozent höhere Mindestquote“, so Manhart. Erhalten werden kann das Unternehmen auch bei einem stillen Ausgleich, der übli­ cherweise dann gewählt wird, wenn die An­ zahl an Gläubigern überschaubar ist. „In der Regel müssen nämlich sämtliche Gläubiger zustimmen. Eine solche 100prozentige Zu­ stimmungsquote ist vor allem dann fast un­ möglich, wenn Verbindlichkeiten beim Fi­ nanzamt oder der Gesundheitskasse beste­ hen. Allenfalls können diese von einem stil­ len Ausgleich aber ausgenommen werden, wenn die übrigen Gläubiger dem zustim­ men“, erklärt Manhart. Der große Vorteil liegt darin, dass es kein öffentliches und da­ BANKING . Pleitewelle Wenn die Insolvenz droht ... Angesichts der möglichen Pleitewelle sollten gefährdete Unternehmen bereits jetzt den Ernstfall einer Insolvenz einplanen, um danach wieder frisch durchstarten zu können. Eine Entschuldung durch Konkurs kann durchaus eine neue Chance sein. MICHAEL KORDOVSKY Credits: beigestellt; pixabay Das ist bei einem Neustart zu beachten: Ein Geschäftskonto mit Überziehungsrahmen ist über Drittsicherheiten (Garantien oder Bürgschaften) möglich. Auch für Kredite sollten entsprechende Sicherheiten organisiert werden. Erfolgreiche Neustarts mit Hilfe von Eigenkapitalgebern, die den laufenden Geschäftsbetrieb überwachen. Eventuell gründungsprivilegierte GmbH mit Mindesteinzahlung von nur 5.000 Euro nützen. Im Falle eines Gewerbeverbots einen gewerberechtlichen Geschäftsführer engagie- ren und selbst – vielleicht nur ausgestattet mit Optionen auf Anteile – als Ideenliefe- rant und Führungskraft der zweiten Ebene mitwirken. „Bis 31. März 2021 wird die Insolvenzantrags­ pflicht des Schuldners bei Überschuldung ausgesetzt – insofern sie nach dem 1. März 2020 eingetreten ist.“ Rupert Manhart, Kanzlei Manhart Einsle Partner Rechtsanwälte 22 . GELD-MAGAZIN – Februar 2021

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