GELD-Magazin, Dezember 2020 / Jänner 2021
2021 – Reset und Neustart Als die Corona-Pandemie imMärz 2020 ausbrach, konnte sicherlich niemand beurteilen, welche Folgen diese Krankheit für die Menschen und für die Wirtschaft haben würde. Zwar konnte das beherzte Eingreifen von Staaten und Notenbanken eine globale Wirtschaftskrise ver- hindern, dennoch reagieren die Investoren nach wie vor nervös, was die Volatilität an den Märkten hoch bleiben läßt. Im Schatten der Pandemie und ihrer möglichen gesamtwirtschaftlichen Folgen sind die wichtigen politischen Themen, die nach wie vor un- klare Situation im Bezug auf den Brexit, die US-Prä- sidentenwahlen oder der immer noch schwelende Handelskonflikt in den Hintergrund gerutscht. Ausblick 2021 Die Regierungen und Notenbanken in den Industrie- nationen versuchen mit aller Macht, die wirtschaftli- chen Folgen der Corona-Pandemie so klein wie mög- lich zu halten. Um die nötigen Mittel dafür zur Verfü- gung stellen zu können, haben sich die Staaten in einem Ausmaß verschuldet, das vor der Pandemie fast undenkbar gewesen war. Gleiches gilt für die No- tenbanken, die zur Unterstützung der Wirtschaft ihre bestehenden Anleihekaufprogramme erweitert bezie- hungsweise neu aufgelegt haben, während gleichzei- tig die ohnehin schon niedrigen Zinsen weiter ge- senkt wurden. Die so zur Verfügung gestellte Liquidi- tät hat dazu geführt, dass die Aktienmärkte nach den heftigen Einbrüchen im 1. Quartal 2020 schnell wie- der in Richtung ihrer Höchststände gestiegen sind, während die Renditen von festverzinslichen Anleihen in fast allen Segmenten weiter fielen. Wie lange die- ser Stimulus noch anhalten wird, ist ungewiss, denn aus heutiger Sicht lassen sich die möglichen Entwick- lungen im Jahr 2021 nur schwer einschätzen. Wäh- rend die Zulassung verschiedener Impfstoffe in im- mer mehr Ländern Grund zur Hoffnung gibt, grassiert gleichzeitig die zweite Corona-Welle. Da nicht davon auszugehen ist, dass die Verfügbarkeit eines Impf- stoffes zu einem schnellen Stopp der Pandemie füh- ren wird, überwiegen die gesellschaftlichen und wirt- schaftlichen Risiken von erneut möglichen Lock Downs vor anderen Störfaktoren. Weiters hat die lo- ckere Geldpolitik der Notenbanken dazu geführt, dass die Bewertungen vieler Aktien als sehr ambitio- niert erscheinen, wodurch die Börsen ein hohes Rückschlagsrisiko aufweisen. Dies gilt auch für den Bereich der festverzinslichen Wertpapiere. Das nied- rige Niveau der Renditen von Staatsanleihen aus den Industrienationen hat - in Kombination mit den durch die hohe Nachfrage gesunkenen Risikoauf- schlägen (Spreads) - bei Unternehmensanleihen dazu geführt, dass die unternehmensspezifischen Risiken bei vielen dieser Anleihen dem Anleger nicht in Form entsprechend höherer Zinsen vergütet werden. Breit streuen Dementsprechend sollten Investoren ihre Portfolios 2021 mit Blick auf ihre Risikotragfähigkeit neutral ausrichten, um von einem möglichen weiteren An- stieg der Wertpapiermärkte profitieren zu können. Gleichzeitig sollten sie Risikofaktoren wie Überge- wichtungen in einzelnen Titeln oder Märkten redu- zieren, um eine höhere Diversifikation zu erreichen. Ein Teil der Verkaufserlöse sollte in der Kasse bleiben, um auf mögliche Rückschläge an den Märkten mit Nachkäufen reagieren zu können. Das Risikobudget des Portfolios sollte dabei in Richtung Aktien allo- kiert werden, da die Risiken aus Anleihen aufgrund der niedrigen Verzinsung meiner Ansicht nach nicht mehr ausreichend kompensiert werden. Zudem kön- nen Edelmetalle, zum Beispiel Gold, trotz der 2020 erzielten Kurssteigerungen als weitere Diversifikati- onsquellen genutzt werden. Allerdings müssen sich Anleger darüber im Klaren sein, dass die Preise für Edelmetalle stark schwanken können und gerade in schwierigen Marktphasen oftmals eine hohe Korrela- tion zu anderen Anlageklassen aufweisen. Auch wenn ich 2021 als neutral beziehungsweise verhalten positiv für Dividendenpapiere einschätze, könnte es passieren, dass Investoren einen Großteil ihres Portfolios liquidieren müssen, um überpropor- tionale Kursverluste zu vermeiden. Hier könnte die Nutzung von „Stop-Loss-Limits“ eine Möglichkeit für ein konsequentes Risikomanagement sein. In einem solchen Fall sollten Anleger nicht vergessen, auch wieder in die Märkte einzusteigen, denn nur wer in- vestiert ist, kann von einer Erholung profitieren. www.lipperleaders.com Detlef Glow, Head of Lipper Research EMEA Jänner 2021 – GELD-MAGAZIN . 53 GASTBEITRAG . Detlef Glow, Lipper Research Credit: Archiv Fürden InhaltderKolumne istalleinderVerfasserverantwortlich.Der Inhaltdientnurder Information. EshandeltsichhierbeinichtumeineAnlageempfehlung.Anlegersollten inBezugaufAnlageentschei- dungen für ihrPortfolio immermiteinemAnlageberatersprechen.Der Inhaltgibtausschließlichdie MeinungdesAutorswieder,nichtdievonRefinitiv.
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