GELD-Magazin, Dezember 2020 / Jänner 2021

Kreditmarkttrends aus Sicht der Banken Die meisten Banken gehen für 2021 von wenig Veränderungen der Konditi- onen bzw. Rahmenbedingungen aus und rechnen tendenziell mit „business as usual“. „Im Bereich des Interbankgeschäftes ist aufgrund der Kauftätigkeit der Notenbanken keine Spreadsausweitung zu erwarten“, so ein Statement der RLB OÖ. Vorsichtig agiert die BAWAG: „Angesichts der allgemeinen wirtschaftlichen Ungewissheit und der möglicherweise länger anhaltenden Auswirkungen von COVID-19 und des aktuellen Lock Downs bleiben wir auch 2021 bei der Kredit- vergabe weiterhin vorsichtig und umsichtig“, und sie ergänzt: „Es wird verstärkt auf Eigenmittel Wert gelegt. Je mehr Eigenmittel zur Verfügung stehen, desto günstiger wird der Kredit.“ Einen kritischen Ausblick liefert indessen die Hypo Vorarlberg: „Die Konditionen werden leicht ansteigen müssen, weil das Risiko steigen wird bzw. weil es sicherlich mehr ,Ausfälle‘ geben wird und die Kosten laufend steigen. Zudem sollen Einmalkosten, die am Beginn für die Erstellung von Verträgen, die Risikobeurteilung usw. verlangt werden ,laufzeitabhängig‘ werden bzw. wie wir sie kennen wegfallen. Da diese Kosten jedoch weiterhin anfallen, werden diese die Kondition (= Zinssatz) entsprechend beeinflussen“. 24 . GELD-MAGAZIN – Jänner 2021 Eine strengereVergabe vonWohnbaukrediten und Margenanhebungen für Neukredite an Kunden schlechterer Bonitäten sind zu erwarten. Langfristige Zinsabsicherung ist das Gebot der Stunde. MICHAEL KORDOVSKY Enden die fetten Jahre? ErsteVorboten strengerer Kreditvergabe Trotzdem sind die Zeiten der lockersten Im- mobilienkreditvergabe bereits vorbei. Dazu Karin Wagner, Senior Expertin der Volks- wirtschaftlichen Abteilung der OeNB: „Ge- mäß Bank Lending Survey vom Oktober 2020 haben die österreichischen Banken ihre Kreditrichtlinien für die Vergabe von Wohnbaukrediten an private Haushalte im dritten Quartal 2020 – wie schon im zwei- ten Quartal – leicht verschärft, was sie mit einer ungünstigeren Konjunktureinschät- zung und einer verminderten Risikotole- ranz begründeten.“ Zwar wurden die Mar- gen für durchschnittlich risikoreiche Kredite laut Angaben der Banken im Rahmen der Umfrage im dritten Quartal nicht verändert (leichte Ausweitung im zweiten Quartal). Doch für gerade noch ausreichende Boni- täten wird’s langsam teurer. „Die Margen für risikoreichere Kredite wurden in den er- sten drei Quartalen 2020 aufgrund einer ungünstigeren Risikoeinschätzung sowie höheren Refinanzierungskosten und bilan- ziellen Restriktionen verschärft. Das impli- ziert bei der Konditionengestaltung von Wohnbaukrediten eine zunehmende Diffe- renzierung gemäß der Kreditwürdigkeits- aspekte. Darüber hinaus erhöhten die Ban- ken im dritten Quartal 2020 die Erforder- nisse für Sicherheiten leicht“, erklärt Karin Wagner in diesem Zusammenhang. Zunehmende Risiken einer neuen Kreditklemme Ähnliches berichten die bundesweit aktiven Wohnbau-Finanz-Experten von Infina: „Im Jahr 2020 stellen wir fest, dass Eigenmittel wichtiger geworden sind. Vor allem Ausfi- nanzierungen bis zu 100 Prozent des Ver- BANKING . Ausblick Immobilien-Kredite D ie Rahmenbedingungen für einen weiterhin günstigen Hypothekar- kreditmarkt in Österreich wären gegeben. Dafür sprechen eine Expansion der an private Haushalte neu vergebenen Wohnbaukredite um 15,8 Prozent auf 17,2 Milliarden Euro in den ersten neun Mona- ten 2020 und eine weitere Beschleunigung des Preisanstiegs für Wohnimmobilien im dritten Quartal 2020 österreichweit auf 9,5 Prozent nach einem Plus von 5,2 Prozent im zweiten Quartal. Vor allem Einfamilienhäu- ser im Grünen sind gefragt. Steigende Im- mobilienpreise bedeuten höhere Besi- cherungen für Immobilienkredite und wir- ken sich tendenziell positiv auf die weitere Immobiliennachfrage und Kreditvergabe aus. Auch die Leitzinsen in Europa dürften noch längere Zeit bei Null bleiben. „Die Margen für risikoreichere Kredite wurden in den ersten drei Quartalen 2020 aufgrund höheren Refinanzierungskosten und bilanziellen Restriktionen verschärft.“ Karin Wagner, Senior Expertin der Volkswirtschaftlichen Abteilung der OeNB Credits: Gina Sanders/stock.adobe.com; Karin Wagner: OeNB

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