GELD-Magazin, November 2020

USA: Schwere Geburt Überschuldung: Rekordkurs GOOD NEWS Österreich kämpft gegen Armut BRENNPUNKT . Kurzmeldungen Unübersichtliches Szenario. Die Nerven waren bis zum Zerreissen gespannt, als die Stimmenauszählung rund um die amerika- nische Präsidentschaft nicht und nicht en- den wollte. Dabei geht es aber nicht nur um das Amt des Präsidenten. Aberdeen Standard Investments weist darauf hin, dass die Konstellation von künftigem Präsi- denten und den Mehrheitsverhältnissen in den beiden Kammern ein entscheidender Faktor für die künftige US-Politik ist: „Der Ausgang der Wahlen könnte große Auswir- kungen auf Wachstum, Inflation und Zins- sätze haben. Dies spiegelt die erheblichen Unterschiede in den Ausgabenplänen der Demokraten und Republikaner wider. Am entscheidendsten ist, dass man in der Lage ist, Gesetze zu erlassen, was von der Zusammensetzung des Weißen Hauses und des Kongresses abhängt“, so die Experten. Eine andere Perspektive rollt die Fondsgesellschaft Columbia Threadneedle Investments auf: Die US- Wahlen würden unabhängig von Ihrem Ausgang vermutlich kaum weitrei- chende Auswirkungen auf die amerikanische Wirtschaft und Märkte haben. „Langfristig haben Wechsel in der Präsidentschaft kaum zu materiellen, funda- mentalen Veränderungen in der Funktionsweise der US-Wirtschaft geführt – insbesondere dann, wenn der Kongress geteilt war“, schreibt Colin Moore, Glo- baler Chief Investment Officer bei Threadneedle in einem Kommentar. „Dem- entsprechend ist es unwahrscheinlich, dass sich die wirtschaftlichen Grundsät- ze, auf welche die Finanzmärkte bauen, ändern werden.“ Ein Anstieg der Volati- lität wäre jedoch nicht überraschend, insbesondere da die Anleger die scharfe Rhetorik, den Zeitplan für die Lösung und die Auswirkungen der gerichtlichen Herausforderungen auf dem Weg analysieren. Pleitegeier kreist. Die Staatsschulden in der Euro- zone sind zuletzt rasant gestiegen. Waren sie Ende 2019 noch auf 84 Prozent des BIP gesunken (von ih- rem letzten Hoch von 93 Prozent in der Eurokrise 2014), so wuchsen sie im zweiten Quartal 2020 auf 95 Prozent. Das ist der höchste Wert seit Existenz der Währungsunion! Dem nicht genug: Die EZB prognostiziert der Eurozone noch in diesem Jahr ei- nen Anstieg der Verschuldung auf über 100 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das Budgetdefizit aller Eu- rostaaten soll bereits 2020 im Durchschnitt bei zehn Prozent des BIP liegen. Schuld daran sind, was we- nig verwundert, die Corona-Krise und die staatli- chen Gegenmaßnahmen. Hilfe verdoppelt. Nach Jahren des Rückgangs sind die Zahlen jener Menschen, die Hunger lei- den und in Armut leben weltweit wieder im Stei- gen begriffen. Alleine dieses Jahr sind bedingt durch die Folgen der COVID-19-Krise geschätzte 88 bis 115 Millionen Menschen in die Armut ge- rutscht. Nicht zuletzt mit der Verdoppelung des Auslandskatastrophenfonds auf 50 Millionen Euro jährlich hilft Österreich, Wege aus Armut und Hunger zu finden. Bis zum Ende der Legisla- turperiode soll die Katastrophenhilfe auf insge- samt 60 Millionen Euro pro Jahr gesteigert wer- den. „Aktuell fließen knapp 17 Millionen Euro in Projekte, die besonders betroffene Länder bei der Bewältigung der Pandemie unterstützen – von Palästina und dem Westbalkan bis hin zu Syrien, Jemen, Afghanistan und Westafrika. Weitere Un- terstützung ist geplant“, so Martin Ledolter, Ge- schäftsführer der Austrian Development Agency. MATCH MATCH DES MONATS Neugewichtung. In den USA, Großbritannien und anderen Industrieländern ist der Anteil des Nationaleinkommens, der der arbeitenden Bevölkerung zugute- kommt, auf ein historisch niedriges Niveau gesunken. Kapitaleigentümer dage- gen profitieren immer stärker, so die Investmentgesellschaft Amundi. Die Ex- perten denken, dass unter anderem die Covid-Krise in den nächsten zwei Jahr- zehnten aber eine Neugewichtung zugunsten des Faktors Arbeit auslösen wird. Eine Rückbesinnung auf ein Gleichgewicht würde die soziale und politische Stabilität wohl erhöhen und besser zu einem konsumorientierten Wachstums- modell passen. Ein Beispiel: Die Notwendigkeit, die Lieferketten zu diversifizie- ren und einen Zusammenbruch der Produktionskapazitäten aufgrund einer übermäßigen Abhängigkeit zu vermeiden, ist eine starke Triebkraft. Der Trend zur Deglobalisierung bedeutet, dass Aktionäre alternative Lieferanten fordern, die geographisch in der Nähe liegen und stärker integriert sein sollten. VS KAPITAL ARBEIT Credits: Alamy; pixabay; Dario/Unsplash 6 . GELD-MAGAZIN – November 2020

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