GELD-Magazin, November 2020

Wir gehen davon aus, dass das Interesse der Biotech-Investoren nachhaltig ist Mit dem weltweiten Ausbruch der Corona-Pandemie ist der Biotechsektor ins Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit und der breiten Investorenge- meinde gerückt. Die Welt wartet gespannt auf einen Corona-Impf- stoff. Wo steht die Entwicklung aktuell? Es wurden erste Ergebnisse zahlreicher therapeu- tischer Modalitäten zur Behandlung akuter Infekti- onen mit zumeist geringem medizinischem Nutzen vorgestellt. Bei der Entwicklung vorbeugender Impf- stoffe wurden weitere Fortschritte erzielt. Angeführt wird das Feld dabei von den mRNA-Vakzinen von Moderna und Pfizer/Biontech und AstraZenecas auf einem genetisch veränderten Schimpansen-Adeno- virus basierten Impfstoff. Welche Rolle spielt der First-to-Market-Effekt für den kommerziellen Erfolg eines Impfstoffes? Es ist klar, dass Impfstoffe der einzige breite Lösungsansatz für die Pandemie und die damit ver- bundenen enormen gesundheitlichen als auch wirt- schaftlichen Herausforderungen darstellen. First to Market ist wichtig, noch wichtiger wird es aber sein, wie effektiv oder wie gut die Wirksamkeit dieser Impfstoffkandidaten ist, aber auch natürlich die Ver- träglichkeit, und wer von den Herstellern schlussen- dlich die entsprechenden Herstellungskapazitäten bereitstellen kann. Sie sind ja in Moderna investiert … Ja, seit 2018. Obwohl wir damals natürlich noch nichts von COVID-19 geahnt haben, erkannten wir vor einigen Jahren bereits das enorme Potenzial von mRNA-Vakzinen und haben an einer privaten Serie- G-Finanzierung für Moderna teilgenommen. Außer- dem investieren wir seit vielen Jahren in andere Therapie-Arten, die sich gegen entzündliche Signal- wege richten, so etwa durch Engagements in tonan- gebenden Unternehmen, wie etwa in Incyte. Dem Potenzial von RNA-Therapeutika tragen wir auch durch unsere langfristige Beteiligung an Alnylam und Ionis Rechnung. Nicht investiert sind wir gene- rell in großen Pharmaunternehmen oder Pharma- konzernen mit riesigen Impfstoffsparten. Angesichts der Ungewissheit über die letztendliche Rentabilität derartiger Investitionen und ihrer Auswirkungen auf den Börsenwert dieser Unternehmen bleiben wir zu- rückhaltend, wenn es darum geht, in großem Stil eingesetzte konventionelle Arzneien und Technolo- gien zu unterstützen. Sie sind zwar erfolgverspre- chend, stellen aber keine bahnbrechenden Investiti- onsmöglichkeiten dar. Wird das Interesse der Investoren am Biotech- sektor auch in der Zeit nach COVID-19 anhalten? Und was bedeutet das für Forschung und Ent- wicklung? Wir gehen davon aus, dass dieses Interesse nachhal- tig ist. Einerseits erwarten wir, dass uns die Pande- mie sicherlich noch einige Zeit beschäftigen wird, andererseits glauben wir, dass die Biotechbranche weiterhin eine zentrale Rolle im Bereich der innova- tiven Medikamentenentwicklung einnehmen wird. Wie sie es historisch schon getan hat. Aber auch wird sie aufgrund der Pandemie von neuen Ansät- zen profitieren. Sei es von Prozessoptimierungen, schnelleren klinischen Studien, bis hin zur Akzep- tanz von diagnostischen Tests, sei dies im Bereich von COVID-19, aber sicherlich auch zukünftig mög- licherweise durch eine höhere Akzeptanz von gene- tischen Tests, sei dies bei verschiedenen Erberkran- kungen oder in der Onkologie. Nach einer sehr ruhigen ersten Jahreshälfte 2020 nahmen die Übernahmeaktivitäten im 3. Quartal mit der Ankündigung größerer Trans- aktionen zu … Ja. Gilead legte ein Angebot für Immunomedics in Höhe von 21 Mrd. USD vor, Sanofi unterbreitete Principia ein Übernahmeangebot im Umfang von 3,7 Mrd. USD und Johnson & Johnson bot 6,5 Mrd. USD für Momenta. Leider zählte keiner dieser Über- nahmekandidaten zu unseren Portfoliounterneh- men. Zu Beginn des 4. Quartals konnten wir dann auch von einer Übernahme profitieren: Bristol-My- ers Squibbs unterbreitete Myokardia eine Offerte in Höhe von 13 Mrd. USD. www.bbbiotech.com Dr. Daniel Koller, Head Investment Team, BB Biotech AG November 2020 – GELD-MAGAZIN . 27 EXPERTS TALK . Daniel Koller, BB Biotech AG EINSCHALTUNG – FOTO: beigestellt

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