GELD-Magazin, Oktober 2020

Eigene Indizes als Wettbewerbsvorteil für ETF-Anbieter? Wie jeder Investor weiß, bilden Indizes die Basis für ETFs. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass es bei der Auswahl des richtigen ETFs insbesondere darauf ankommt, den passenden Index zu finden. Es ist nicht verwunderlich, dass viele ETFs bei ihren Indizes auf die Produkte der großen Anbieter wie MSCI, FTSE oder anderer setzen. Denn schließlich verwenden diese Indizes eine bekannte Methodolo- gie zur Bestimmung der einzelnen Mitglieder und sind für viele globale Märkte verfügbar. Somit kön- nen die ETF-Anbieter ihren Kunden eine breite Pro- duktpalette anbieten, die zu den jeweiligen Anforde- rungen passt. Denn viele Investoren vergleichen die Wertentwicklung ihrer Portfolios mit der eines Index von einem der großen Anbieter, um den Erfolg und/ oder die Risiken der von ihnen gewählten Anlage- strategie zu ermitteln. Im Gegensatz zu den ETFs, die auf Standardindizes setzen, gibt es eine kleine aber wachsende Gruppe von ETF-Anbietern deren Produkte sich auf eigene Indizes beziehen. Dies hat vornehmlich zwei Gründe: Erstens kann der Anbieter die Methodologie bei seinen hauseigenen Produkten selbst festlegen und zweitens kann die Berechnung und Nutzung von eigenen Indizes zu Kosteneinspa- rungen führen. Individualität durch eigene Indizes Während bei der Konstruktion von Standardindizes die Gegebenheiten einzelner Märkte nur bedingt be- rücksichtigt werden können, haben ETF-Anbieter, die auf einzelne Märkte oder Themen spezialisiert sind, die Möglichkeit, spezielle Anforderungen ein- zelner Märkte in die von ihnen konstruierten Indizes einfließen zu lassen. Ebenso verhält es sich bei spezi- ellen Kundenwünschen zur Auswahl oder der Ge- wichtung einzelner Indexkomponenten. Sicherlich gehen auch die großen Indexanbieter zum Teil auf die Wünsche einzelner (Groß-)Anleger ein, aber ge- rade bei sehr spezifischen Anlagethemen wie der Nachhaltigkeit oder dem sozialverantwortlichen In- vestieren, kann den großen Anbietern die Kompe- tenz zur Konstruktion eines entsprechenden Index fehlen. Somit könnte der Trend zu nachhaltigen Geldanlagen auch dazu führen, dass sich die Anzahl der Indexanbieter beziehungsweise der ETF-Anbieter, die in diesem Segment eigene Indizes berechnen, in Zukunft noch weiter vergrößert. Kostenersparnis durch eigene Indizes? Die wachsende Beliebtheit von passiven - also an ei- nen Index gekoppelten - Investments hat dazu ge- führt, dass die Kosten für die Nutzung von Indizes in vielen Fällen gestiegen sind. Somit ist die Reduzie- rung der Kosten aufseiten der ETF-Anbieter eine wei- tere Motivation für die Konstruktion von hauseige- nen Indizes. Allerdings ist die Entwicklung dieser In- dizes auch mit Kosten verbunden, denn schließlich benötigen auch die ETF-Anbieter entsprechende Marktdaten und Personal fürs Research und die In- dexkonstruktion. Dennoch dürften diese Aufwen- dungen deutlich niedriger sein als die Gebühren, die an die Indexanbieter abzuführen sind. Somit ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr ETF-Anbieter zumindest öffentlich darüber nachdenken, eigene In- dizes zu entwickeln. Ob und inwieweit die durch die eigenen Indizes entstandenen Kostenersparnisse an die Anleger weitergegeben werden, bleibt jedoch ab- zuwarten. Schaut man sich die derzeit verfügbaren Produkte auf Indizes, die nicht von den großen An- bietern stammen, an, so stellt man fest, dass viele dieser Produkte, insbesondere wenn sich diese nicht auf Standardindizes beziehen, für die Anleger deut- lich teurer sind als die Standardvarianten. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Kon- struktion eigener Indizes sowohl für die ETF-Anbieter als auch für die Investoren viele Vorteile hat. Hierbei stehen insbesondere die Anpassung von Produkten auf Kundenwünsche und die eigenen Indizes als Un- terscheidungsmerkmal im Wettbewerb mit anderen Anbietern im Mittelpunkt. Grundsätzlich sollten Anle- ger darauf achten, dass sie die Methodologie der Indi- zes, in die sie investieren möchten, kennen und ver- stehen. Denn schließlich definiert der Index das Ren- dite-/Risikoprofil des entsprechenden ETFs und so- mit auch dessen Erfolg im Portfolio des Anlegers. www.lipperleaders.com Detlef Glow, Head of Lipper Research EMEA Oktober 2020 – GELD-MAGAZIN . 33 GASTBEITRAG . Detlef Glow, Lipper Research Credit: Archiv Fürden InhaltderKolumne istalleinderVerfasserverantwortlich.Der Inhaltgibtausschließlichdie MeinungdesAutorswieder,nichtdievonRefinitiv.

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