GELD-Magazin, Oktober 2020
MÄRKTE & FONDS . Globale Aktienfonds Wie sehen Sie den Makro-Hintergrund? Im Gegensatz zur Finanzkrise 2008/2009 haben die Zentralbanken sehr rasch und entschieden reagiert. In Europa hat die EZB ihre Anleihekaufprogramme deutlich ausgeweitet, und in den USA kauft die FED, zusätzlich zur Zinssenkung auf knapp über Null Pro- zent, nun sogar Hochzinsanleihen. Gleichzeitig über- treffen sich die Staaten mit Wirtschaftshilfen. Erwarten Sie eine Pleitewelle? Da muss man unterscheiden. Tourismus, Luftfahrt und zum Teil die Automobilbranche werden hart zu kämpfen haben. Dafür sehen wir einen immensen Schub bei der Digitalisierung, dem E-Commerce und Cloud Computing. Technologietitel werden im kom- menden Jahr Rekordgewinne einfahren. Leidet auch der Konsum? Auch auf der alltäglichen Mikro-Ebene findet das Geschäftsleben mit angezogener Handbremse statt. Der Einzelhandel leidet unter den ausbleibenden Kunden, der verunsicherte Konsument schiebt die Anschaffung des neuen Autos auf, der Zahnarzt kauft keinen neuen Behandlungsstuhl, der Fabrikbe- sitzer keinen Gabelstapler, usw. Um diese Tristesse zu durchbrechen, benötigt es eine grundlegende Än- derung der Rahmenbedingungen: Erfolgreiche Impfstoffe gegen Corona und eine Rückkehr zur (neuen) Normalität, was aber Jahre dauern wird. Wie sieht Ihr Ausblick aus? Wir blicken vorsichtig optimistisch in die Zukunft. Die Zentralbanken und die Hilfspakete der Regie- rungen verhindern den schlimmsten Kollaps. Lang- fristig sehen wir so weiterhin sehr gute Wachstums chancen für Unternehmensgewinne ausgewählter Branchen und deren Aktien. Betrachtet man sich den digitalen Wandel der Gesellschaft, befinden wir uns in vielen Bereichen erst am Anfang. Auch gibt es ungebrochene Wachstumstendenzen beim Konsum in Schwellenländern. Bitte gebe Sie eine Kurzanalyse Ihres Investment- stils. Ihr Fonds trägt ja den Namen des bekannten österreichischen Ökonomen Joseph Schumpeter. In Anlehnung an Schumpeter unterscheiden wir zwischen Herausforderern und Monopolisten. He- rausforderer greifen bestehende Geschäftsmodelle mit neuen Ideen auf, oder erschlließen sich neue Märkte. Als Beispiel dient die Veränderung des Kon- sumverhaltens weltweit (E-Commerce-Boom). Die Monopolisten, oder besser gesagt Oligopolisten, zeichnen sich hingegen durch konstante Nachfrage, auskömmliche Margen und hohe Eintrittsbarrieren aus. Beispiele sind Nahrungsmittelproduzenten oder Pharma-Unternehmen. Die Staaten haben ein hohes Interesse an der Grundversorgung der Bevölkerung, weshalb sie diesen Unternehmen eine gewisse Mo- nopolstellung zubilligen. Georg Graf vonWallwitz, CEO, Eyb &Wallwitz Vermögensmanagement . INTERVIEW „Wir unterscheiden Monopolisten von Herausforderern. Erstere zeigen stabile Renditen und hohe Markteintrittsbarrieren“ stitionen: Housing Development Finance (HDFC), der indische Marktführer bei Hypo- thekenkrediten mit einer langfristigen Er- folgsbilanz, der Flugzeugmotorenhersteller MTU, der Luxusgüterhersteller LVMH, Face- book und Daiin, ein Hersteller von Klimage- räten. Ebenso setzt der Seilern World Growth nur auf Top-Unternehmen, und wie bei Comgest werden die Aktien lange gehal- ten, um vom positiven Effekt steigender Ge- winne und Dividenden (ähnlich wie der Zin- seszinseffekt, der jedoch seit Jahren außer Kraft gesetzt ist) zu profitieren. „Die Bewer- tung sehen wir stets als relative Verhältnisse: Aktien sind attraktiver als Anleihen, ob eine Aktie teuer ist oder nicht, hängt auch vom Zeithorizont des Investors ab. Je länger der und beschleunigt. Die Skalierbarkeit vieler HighTech-Produkte bedeutet, dass jede Um- satzausweitung nur mehr geringe Kosten verursacht. Dadurch wird eine schnelle Margenausweitung und ein hohes Cash Flow-Wachstum möglich. Solche Unterneh- men haben ein optisch hohes KGV, was aber gerechtfertigt ist, solange die Wettbewerbs- vorteile nachhaltig bleiben“, so Roose. Der Börsengang des chinesischen Finanzriesen Ant Financial offenbart, wie ein Mega-Fin- tech den traditionellen Banken den Zugang zum Endkunden entzieht und Bankge- schäfte digital zu Diskont-Konditionen an- bieten kann. Dabei stützt sich Ant als sozi- ales Medium auf die Usergemeinde ihrer Fi- nanz-App. Horizont, umso wahrscheinlicher können- hohe Erträge einfahren werden, ungeachtet kurzfristiger Schwankungen“, erklärt Sei- lern-Fondsmanager Marco Lo Blanco. Populäre Strategie: Quality Growth Alexander Roose, Manager des DPAM Invest Equities NEW-GEMS Sustainable, erwartet weiter volatile Börsen und setzt daher stark auf die Nachhaltigkeitsmerkmale seiner Portfoliounternehmen. „Wir sind überzeugt, dass die Übernahme technologischer Stan- dards (Cloud, Künstliche Intelligenz) in den Endmärkten noch einen weiten Weg vor sich haben – wie es für Megatrends charakteri- stisch ist. Die Corona-Krise und der Lock Down haben diese Trends noch verstärkt Credit: xxxx 32 . GELD-MAGAZIN – Oktober 2020
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