GELD-Magazin, Juli/August 2020
36 . GELD-MAGAZIN – September 2020 erste – auch für wenig versierte Anleger – Annäherung an dieses Problem besteht da- rin, offensive (hoher Aktienanteil) mit de- fensiven (hoher Anleiheanteil) Fonds zu kombinieren. Wir haben vier Fonds ausge- wählt (siehe Beschreibungen unten), die, in einem Portfolio zusammengefasst, eine gute Wertentwicklung bringen könnten. Als rela- tiv defensiv kann man den DJE Zins & Divi- dende einstufen, der jedoch durchaus flexi- bel gemanagt werden kann, da maximal in 50 Prozent Aktien investiert werden darf. Noch flexibler agieren die Fondsmanager des FvS Multiple Opportunities. Trotz einer Aktienquote von gut 70 Prozent konnte sich der Fonds auch in der Corona-Krise gut hal- MÄRKTE & FONDS . Börsen-Dynamik ten und im laufenden Jahr mit fast vier Pro- zent erfreulich positiv abschneiden. Mitge- holfen hat dabei eine Goldposition von über zehn Prozent. Der offensive Klassiker ist der Morgan Stanley Global Opportunity. Ob- wohl breit aufgestellt, kann er es mit der Performance so mancher Techno-Riesen aufnehmen. Dabei ist deren Anteil im Fonds gar nicht so hoch. Der Anlagestil ist wachs- tumsorientiert. Last but not least der Acatis Aktien global. Hier hat es das Fondsmanage- ment zuwegegebracht, einen Value-Fonds mit dem Investment in Quality-Unterneh- men, die auch entsprechendes Wachstum erzielen müssen, so aufzustellen, dass er zu einem Growth-Fonds mutieren kann. Wieso wird die gegenwärtige Markterholung als unbeliebteste Hausse seit vielen Jahren bezeich- net? Zuerst ist festzuhalten, dass bereits im Januar 2020, als der kommende Börseneinbruch und dessen Ursa- chen noch unbekannt waren, die Markttechnik der- art schwach war, dass sich die Aktienmärkte schon damals in Gefahr befanden. Der Optimismus war so- gar weiterhin auf sehr hohem Niveau, als Corona sich schon seit Wochen ausbreitete. Als die ersten mas- siven Lock Downs auch nach Europa kamen, schlug der übertriebene Optimismus in Windeseile in Panik um. Wir haben selten einen so schnellen Börsencrash erlebt. In 23 Tagen fiel der S&P 500 in den USA von 3400 auf 2200 Punkte – das gab es noch nie. Stim- mungsindikatoren, die sich zuvor in positivem Ter- rain befunden hatten, kippten rekordverdächtig schnell ins Negative um. So stieg der VIX, der Volati- litätsindex an der New Yorker Börse, von unter 20 auf gut 80 Punkte – eine extreme Entwicklung. Doch wie kam die fast ebenso drastische Erho- lung zustande? Indem Regierungen und Notenbanken den größten geld- und fiskalpolitischen Impuls weltweit und aller Zeiten vom Stapel ließen. 21 Billionen Dollar, unge- fähr so hoch wie das gesamte US-Bruttoinlandspro- dukt, wurden aufgelegt, in der Folge zwei Milliarden Dollar pro Stunde ins Finanzsystem gepumpt. Zudem wurden in kürzester Zeit die größten Forschungsan- strengungen aller Zeiten gestartet, um einen Impf- stoff sowie Covid-Medikamente zu entwickeln. Über 120 klinische Studien weltweit laufen seither. Das beruhigte die Anleger offenbar, und seit Mitte März läuft eine massive Erholungswelle gegen die Pande- mie. Aus der Rekordgeschwindigkeit, mit der die Märkte in die Baisse gestürzt waren, wurde nun eine ebenfalls sensationell rasche Erholung. Der Effekt: Billionen Dollar gelangten nicht in die reale Wirt- schaft – dort saß der Schock des Lock Downs den Un- ternehmern noch in den Knochen –, sondern an die Finanzmärkte und befeuerten dort die Kurse. Aller- dings ging dies alles so schnell vor sich, dass viele In- vestoren den Wiedereistieg verpassten. Wer profitierte davon am meisten? Die institutionellen Investoren, die großen Aktien- mandate. Unser Fonds DJE Dividende und Substanz etwa wurde rasch auf 97 Prozent Marktexposure hochgefahren. Der (US)-Privatanleger war weit we- niger an der Erholungshausse beteiligt. Die Gefahr einer Milchmädchenhausse sehe ich daher nicht. Al- lerdings sitzen die Großinvestoren noch immer auf enormen Geldbergen: Warren Buffet etwa auf 150 Milliarden Dollar. Dennoch erwarte ich mir eine Marktkorrektur von mindestens zehn Prozent – die Stimmungsindikatoren sind schon wieder so hoch wie im Jänner. Doch dass so viele große Finanzhäu- ser noch unterinvestiert sind, stimmt mich mittelfri- stig optimistisch. Dr. Ulrich Kaffarnik, Vorstand Fondsmanagement & -handel, DJE Kapital . INTERVIEW „Demnächst erwarte ich eine Marktkorrektur von rund zehn Prozent- die Stimmungsindikatoren sind schon wieder so hoch wie im Jänner.“
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