GELD-Magazin, Juli/August 2020
L aut KSV-Statistik ist die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen in Öster- reich im ersten Halbjahr 2020 um 28 Prozent von 1529 auf 1097 gesunken. Dabei haben vor allem Branchen wie Touri- stik, Transport, Teile des Erdölsektors und Einzelhandel jenseits der Lebensmittelmär- kte mit Umsatzrückgängen bei anhaltenden Fixkosten zu kämpfen und Liquidität fehlt. Dazu Rechtsanwalt Rupert Manhart von der Kanzlei Manhart/Einsle/Partner Rechtsan- wälte: „Die Republik Österreich hat durch einige Maßnahmen versucht, diesen Liqui- ditätsmangel zum Teil auszugleichen (nicht rückzahlbare Zuschüsse), zum Teil aber nur zu verschieben (Stundung von Beiträgen und Abgaben, Garantiekredite). Es wurden auch Maßnahmen gesetzt, die private Ge- schäftspartner dazu zwingen, die Last zu tragen, wie Stundung von Kreditraten, Stundung von Mieten und dergleichen“, und er warnt: „Die Zuschüsse reichen in der Regel nicht aus, um die mangelnde Liquidi- tät auszugleichen. Daher wird es sukzessive mit dem Auslaufen von Stundungen sowie der Fälligkeit von Überbrückungskrediten zu Zahlungsschwierigkeiten und damit zu Insolvenzen führen“. Die rückläufige Entwicklung bei Insol- venzen liegt vor allem in einer Verfügung der Regierung, dass die statistisch betrach- tet größten Antragsteller Finanzamt und Gesundheitskassen derzeit keine Insolvenz- anträge stellen können. Stundungen der Ab- gaben für Finanz und Gesundheitskassen wurden bis 15. Jänner verlängert. Wann kommt dann die erwartete Pleitewelle? „Der erste kritische Zeitpunkt wird der 31. Oktober 2020 sein: Im April 2020 wurde nämlich ein gesetzliches Kreditmoratorium für Verbraucher und Kleinstunternehmer eingeführt, dessen Anwendung dann endet. Unter Berücksichtigung üblicher Vorlauf- zeiten für Insolvenzantragstellung und Er- öffnung rechne ich – sofern es keine weite- ren Maßnahmen gibt – mit einer ersten Wel- le Ende 2020 bis Anfang 2021“, so Manhart. Österreichs Banken stabil Gute Nachrichten hat FMA-Pressesprecher Klaus Grubelnik: „Österreichs Bankensektor ist stabil und gut vorbereitet in diese Krise gegangen: Die Kreditinstitute verfügen mit rund 16 Prozent über die historisch höchste Eigenkapitalausstattung, rund doppelt so hoch wie es vor der globalen Finanzkrise 2007/2008 war. Das Volumen der notlei- denden Kredite wurde konsequent abge- baut und liegt ebenfalls auf historisch tiefen Niveaus.“ Wie gut die heimischen Kredit institute im historischen Vergleich daste- hen, zeigt Patrick Rioual, Senior Director des EMEA Banking Team der Rating-Agen- BANKING . Insolvenzwelle ante portas Droht uns eine neue Bankenkrise? Europäische Banken erhöhten im ersten Halbjahr ihre Risikovorsorgen. Dividendenausschüttungen wurden verschoben und Experten sprechen von einer drohenden Pleitewelle. Doch wie gefährlich ist die aktuelle Situation wirklich? MICHAEL KORDOVSKY Credits: beigestellt Unter Berück sichtigung üblicher Vorlaufzeiten für Insolvenz antragstellung rechne ich mit einer ersten Welle Ende 2020 bis Anfang 2021. Rechtsanwalt Rupert Manhart von der Kanzlei Manhart / Einsle / Partner Rechtsanwälte INSTITUT HARTE NPL-RATIO PERIODENGEWINN RISIKOKOSTEN KERNKAPITALQUOTE VOR STEUERN (Mio. €) (Mio. €) in % d. Risikoaktiva 1. HJ ´20 1. HJ ´20 1. HJ ´19 1. HJ ´20 1. HJ ´19 BAWAG Group 13,4% 1,6% 161 287 -130 -27 BNP Paribas 12,4% k.A. 4.921 6.060 -2.873 -1.390 Commerzbank 13,4% NPE: 0,8 % -74 555 -795** -256** Deutsche Bank 13,3% k.A. 364 -654 -1.267** -301** Erste Bank 14,2% 2,4% 510 1.150 -588* -18* Oberbank 16,0% 2,1% 37 143 -10** +1** RBI 13,2% 2,2% 566 834 -312* -12* UniCredit 14,5% 4,8% -2.007 2.478 -2.198*** -1.175*** EUROPÄISCHE BANKEN IN ZAHLEN Quelle: Publikationen der Institute; NPE = nonperforming exposure = Anteil notleidender Kredite; *Wertminderungen auf finanzielle Vermögenswerte **Risikovorsorgen im Kreditgeschäft; ***Nettoabschreibungen auf Kredite und Rückstellungen für Garantien und Verpflichtungen 28 . GELD-MAGAZIN – September 2020
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