GELD-Magazin, Juli/August 2020

setzes auf die Pressefreiheit in Hongkong geäußert. Die New York Times hat zum Bei- spiel beschlossen, einen Teil der in Hong- kong Beschäftigten nach Südkorea zu verle- gen. Kein Wunder: So gibt das Gesetz laut Amnesty International den Strafverfol- gungsbehörden die Macht, Online-Inhalte aus dem Netz zu sammeln und darin enthal- tene persönliche Userdaten ohne richter- liche Anordnung zu erhalten. Große Online- Plattformen wie WhatsApp, Twitter, Linke- dIn, Facebook und Google haben als Ant- wort auf die neuen und uneingeschränkten Befugnisse die Bearbeitung von Anfragen der Hongkonger Regierung nach Userdaten bereits eingestellt. Auf die harte Tour Es ist also nicht wirklich überraschend, dass die Hongkonger Bürger gegen die neuen Re- pressalien auf die Straße gehen. Wobei die österreichische China-Spezialistin Susanne Weigelin-Schwiedrzik berichtet, dass Pe- king bereits seit der Machtübernahme Xi Jinpings, er ist seit 2012 Generalsekretär der Kommunistischen Partei und seit 2013 Staatspräsident Chinas, stärker in Hong- kong durchgreift. Im Gespräch mit dem GELD-Magazin führt die Sinologin an der Uni Wien weiter aus: „Es ist das langfristige Ziel Pekings, die Kontrolle über China zu behalten und weiter auszubauen. Hong- kong wurde früher als friedliches Beispiel für die einvernehmliche Integration in die Volksrepublik präsentiert. Nun scheint es als ,hartes Beispiel‘ zu dienen, wenn es nicht einvernehmlich gelingt.“ China checkt laut der Expertin somit ab, wie die Welt auf die schroffen Maßnahmen reagiert, denn immerhin gibt es mit Taiwan noch ein an- deres Land, dass Peking eigentlich zu sei- nem Territorium zählt. Aber bleiben wir in Hongkong, wie geht es hier jetzt weiter? VersperrteWege Weigelin-Schwiedrzik sieht die Zukunft eher düster: „Bereits in der Vergangenheit wurden alle Versuche einer Demokratisie- rung Honkongs, wie etwa eine Wahlrechts- reform, von Peking unterbunden. Der Weg hin zu einer weiteren Demokratisierung ist jetzt erst recht versperrt. Der Prozess der Selbstfindung Hongkongs wurde unterbro- chen, ebenso die Möglichkeit der Bür- Demokratie: Made in Hongkong Hongkong ist seit 1. Juli 1997 eine Sonderverwaltungsregion der Volksrepublik China, die der Zentralre- gierung in Peking untersteht. Das ebenfalls 1997 in Kraft getretene Basic Law, Hongkongs „Mini-Verfassung“, räumt Hongkong im Rahmen des Prinzips „Ein Land - Zwei Systeme“ einen hohen Grad an Autonomie und eine weitgehende exekutive, legislative und judikative Unabhängigkeit ein. Ausnahmen sind Außen- und Verteidi- gungspolitik. Das Regierungssystem Hongkongs ist nur indirekt mit dem westlicher Demokratien zu vergleichen. Die Gerichtsbarkeit folgt dem britischen Common Law. Die Regierungs-Chefin bzw. der -Chef genießt umfangreiche exekutive Machtbefugnisse, der Legislativrat (Parlament) verfügt nur über begrenzte Kompetenzen. Seine 70 Mitglieder werden nach einem teil-demokratischen Verfahren gewählt beziehungsweise bestimmt: 35 aus geographischen Wahlkreisen und 30 aus Berufsverbänden sowie 5 aus Distrikt-Räten. Die direkte Personen- wahl durch die Bürger, wie wir das im Westen gewohnt sind, ist somit eingeschränkt. Das Basic Law erlaubt eine weiterge- hende, bisher aber nicht umgesetzte Demokratisierung des Wahlsystems. Im Sommer 2020 weitete die Zentralregie- rung der Volksrepublik China ihre Befugnisse mit einem Nationalen Sicherheitsgesetz drastisch aus; im Vorfeld kam es bereits zu den be- kannten drastischen Prozessen. Quelle: www.auswaertiges-amt.de September 2020 – GELD-MAGAZIN . 19 Lange Historie: Hongkong bleibt nach wie vor ein Wachstumsmotor Chinas. Im Jahr 2018 betrug das BIP pro Kopf in Hongkong rund 48.000 US-Dollar. 1997, also im Jahr der Rückgabe an China, waren es weniger als 30.000 Dollar. Die Prognosen für die kommen- den Jahre sind wegen Corona mit Vorsicht zu genießen. Quelle: Statista 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020* 2022* 2024* BruttoinlandsproduktproKopf inUS-Dollar 70.000 60.000 50.000 40.000 30.000 20.000 10.000 0 * Schätzung/Prognose 59.506,- 5.664,-

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