GELD-Magazin, Juli/August 2020
Nachdem der Widerstand bei 12.600 Punkten überwunden werden konnte, kletterte der DAX munter weiter und er- reichte die 13.000-Punkte-Marke. Hier war Endstation und der Index fiel wie- der deutlich zurück – bis auf 12.200 Punkte. Immerhin sind nun alle wesent- lichen Kurslücken geschlossen und eine gute Basis für weitere Kursgewinne ist gelegt. Investierte Anleger erhöhen das Stopp-Loss auf 11.850 Punkte – wer noch an der Seitenlinie steht, wartet auf einen Rückfall bis 12.400 Punkte. AKTIEN . Deutschland D as Ringen um die Zukunft des durch einen Bilanzskandals ange- schlagenen Bezahldienstleisters Wirecard geht weiter. Schlechte Nachrichten kamen dabei von den Philippinen: Die 1,9 Milliarden Euro, die dem DAX-Konzern in der Bilanz fehlen, liegen offenbar nicht in dem Inselstaat, wie der Präsident der Zen- tralbank in Manila mitteilte. Wo sind 1,9 Milliarden Euro? Die philippinischen Banken BDO Unibank und Bank of the Philippine Islands sagten, dass Wirecard kein Kunde bei ihnen sei. Do- kumente externer Prüfer, die das Gegenteil beweisen sollen, seien gefälscht. Auf den Konten der beiden Banken hätte die Summe eigentlich liegen sollen. Wegen des feh- lenden Nachweises hatte der Wirtschafts- prüfer EY Wirecard das Testat für den Jah- resabschluss verweigert. Doch es könnte noch schlimmer kommen: Wegen des feh- lenden Testats könnten Banken Wirecard nun den Geldhahn abdrehen und Kredite von rund zwei Milliarden Euro kündigen. Nach Medienberichten wollen die Banken das Unternehmen nicht fallen lassen. Den- noch ist der Vorgang ein Riesenskandal: Es ist höchst zweifelhaft, ob das Geschäft mit Partnern in Asien, das seit Jahren für einen großen Teil der Gewinne von Wirecard steht, überhaupt existiert. Warum gibt es keine Lizenzen? In Asien hat das Unternehmen keine eigene Lizenz, sondern ist auf Dritte angewiesen, um die Transaktionen abzuwickeln. Die Prü- fer von EY, die seit Jahren die Abschlüsse von Wirecard unter die Lupe nehmen, er- klärten, Dokumente bzw. Saldenbestäti- gungen für Gelder auf den Treuhandkonten seien offenbar gefälscht. Das Geld ist laut der philippinischen Zentralbank nie im Land angekommen. Aber Mitarbeiter der beiden Banken des Landes hatten die Bescheini- gungen über diesen Vorgang getürkt. Der Treuhänder ist ein Rechtsanwalt, der als Ab- teilungsleiter im Verkehrsministerium vor zwei Jahren wegen Unregelmäßigkeiten ent- lassen worden sei. Wirecard steuert nicht nur das bargeldlose Bezahlen via Smart- phone oder Kreditkarte an der Ladenkasse und in Online-Shops, sondern übernimmt auch für Händler das Ausfallsrisiko von Zah- lungen. Zur Absicherung dieser Geschäfte zahlt Wirecard Gelder auf Treuhandkonten ein, die nach erfolgreichem Abschluss wie- der zurückfließen. 2019 hatte Wirecard den Treuhänder gewechselt. Handelt es sich bei den Bankguthaben um reine Luftbuchun gen, steht das gesamte Geschäftsmodell Wirecards in Frage. CEO Markus Braun wur- de bereits verhaftet. Doch auch der Wirt- schaftsprüfer steht massiv in der Kritik. Das Fehlen von Prüfungsnachweisen über etwa 25 Prozent der Konzernbilanzsumme ist zu- dem eine schallende Ohrfeige für die Aktio- näre. Und im September dürfte Wirecard wieder aus dem DAX fliegen. Leerverkäufer zahlten am 16. Juni einen Rekord-Aufschlag von 17,5 Prozent, um Wirecard-Aktien zu leihen und Short-Positionen aufzubauen. Es hat sich gelohnt. IT-Dienstleister Cancom wächst Der IT-Systemanbieter Cancom hält nach einem starken ersten Quartal an seinen Jah- reszielen fest und peilt unverändert ein mo- derates Wachstum bei Umsatz und Ergebnis an. Zum Jahresauftakt hatte die wegen der Corona-Krise hohe Nachfrage nach Soft- ware-Lizenzen und Hardware für das mobile Riesenskandal Wirecard Luftbuchungen, Konten, die nicht existieren, Treuhänder, die wegen Betrügereien imVisier der Justiz stehen – und ein DAX-Technologieunter- nehmen, das Insolvenz anmelden muss. Die Deutsche Börse ist erschüttert. WOLFGANG REGNER Arbeiten – wie Laptops und Tablets – das Wachstum beim Münchener MDAX-Unter- nehmen beschleunigt. Für das zweite Quar- tal zeichnet sich allerdings ab, dass die Co- rona-Krise und der damit verbundene nahe- zu vollständige Shut Down im April und Mai die Geschäfte bei Cancom deutlich belastet haben. Der Umsatz kletterte im Vergleich zum Vorjahr um 27,3 Prozent auf 454 Milli- onen Euro. Ohne Berücksichtigung von Übernahmen betrug das Wachstum aus ei- gener Kraft knapp 23 Prozent. Der prozentu- al stärkste Zuwachs kam dabei aus dem flo- rierenden Cloud-Geschäft, aber auch in der größeren Sparte für IT-Lösungen legte Can- DAX . Seitwärtsbewegung Credit: Tai-Pan/Mountainview Data Indexpunkte 2019 2020 11.000 10.000 9.000 8.500 12.000 13.000 14.000 60 . GELD-MAGAZIN – Juli/August 2020
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