GELD-Magazin, Juli/August 2020
Tourismus: Neue Hoffnungsschimmer INSOLVENZEN Rückgang trotz Krise WIRTSCHAFT . Kurzmeldungen Die Zeit nach der Maske. Der Anteil der Tourismus- und Freizeitwirtschaft am österreichischen BIP be- trägt rund 15 Prozent. In absoluten Zahlen sind das rund 60 Milliarden Euro jährlich durch direkte und indirekte (zum Beispiel muss ja auch die Innenein- richtung eines Hotels hergestellt werden) Wert- schöpfung. Ein ganz schöner Brocken also, darum ist das Heulen und Zähneklappern der Tourismusbran- che in Österreich besonders groß. Zum Vergleich macht beispielsweise in Frankreich der Sektor weni- ger als zehn Prozent des BIP aus, in Deutschland rund zehn Prozent. Dass der Mund-Nasen-Schutz rechtzeitig zu Sommerbeginn auch für Mitarbeiter in Hotellerie und Gastronomie nicht mehr vorge- schrieben wird, sieht die Österreichische Hotelerie- vereinigung (ÖHV) demzufolge logischerweise sehr positiv. Die Lockerungen bei Veranstaltungen und Heimische Industrie: Abschwung bremst sich ein Bester Wert seit Corona. Die schrittweise Entspannung der Industriekonjunk- tur in Österreich nach dem abrupten Einbruch durch den Lock Down im März setzte sich Ende des zweiten Quartals fort: Der UniCredit Bank Austria Ein- kaufs-Manager-Index stieg im Juni auf 46,5 Punkte. Damit erreicht der Indika- tor den höchsten Wert seit dem Beginn der Corona-Krise. Allerdings wird die Schwelle von 50 Punkten, ab der Wachstum signalisiert wird, vorerst weiter un- terschritten. Das bedeutet unter dem Strich: Die österreichische Industrie befin- det sich erkennbar auf dem Wege der Besserung, sie hat allerdings aus dem Lock Down noch nicht auf einen Wachstumspfad zurückgefunden. Der stark ex- portorientierten heimischen Industrie fehlt dabei insbesondere die Nachfrage unterstützung aus dem Ausland. Denn im Juni sank – wenn auch langsamer als in den Vormonaten – die Industrieproduktion der wichtigsten Handelspartner Österreichs erneut. UniCredit Bank Austria Einkaufs-Manager-Index Quelle: IHS Markit, UniCredit Research Warnung vor „Zombie-Firmen“. Der Gläubiger- schutzverband Creditreform hat die Zahlen der aktuellen Insolvenzentwicklung in Österreich im ersten Halbjahr 2020 erhoben: Insgesamt gab es in Österreich 5718 Firmen- und Privatkonkurse, was einem Rückgang von 31,7 Prozent ent- spricht. Die Firmenpleiten sanken um 24,2 Pro- zent, und es waren „nur mehr“ 16 Insolvenzen pro Werktag zu verzeichnen. Die Maßnahmen der Bundesregierung waren laut Creditreform somit richtig; das Insolvenzrecht diene aber à la longue nicht der Verhinderung von Pleiten. Ge- warnt wird auch vor der Gefahr von „Zombie-Un- ternehmen“, die noch größeren Schaden verur- sachen könnten. Die Privatinsolvenzen gingen wiederum um 35,2 Prozent zurück, das ent- spricht 30 Pleiten pro Werktag. Durchschnittlich sind aktuell sechs von 10.000 Erwachsenen in- solvent. Wobei sich Private in Krisenzeiten zuerst um ihre Gesundheit und soziale Sicherheit und weniger um ihre finanziellen Angelegenheiten kümmern. Zum Ausblick heißt es: „Unternehmen brauchen schnelle Unterstützung bei der Liquidi- tätsvorsorge. Ohne spürbarem Rückgang der Ar- beitslosigkeit droht ein massiver Anstieg bei den Privatinsolvenzen.“ Credit: pedrotalens.com/stock.adobe.com Buffets, vor allem aber auch die längeren Öffnungs- zeiten für die Gastronomie werden ebenfalls be- grüßt. Damit ist aber noch nicht alles getan: Die ÖHV und die Gewerkschaft vida haben gemeinsam mit betroffenen Betrieben aus der Stadthotellerie ein branchenspezifisches Kurzarbeitszeitmodell ent- wickelt. Nach Vorstellung der Proponenten soll die Kurzarbeit III für die Branche mit September 2020 starten und bis zu zwölf Monate gelten. Anders als bei den Vorgängermodellen wäre bei diesem Kon- zept Weiterbildung erlaubt und erwünscht. Auch Urlaub aus Ansprüchen, die während der Kurzarbeit III entstehen, sollen förderbar berücksichtigt werden. Vorgeschlagen wird ein Arbeitszeitmodell 40/60: Das bedeutet mindestens 40 Prozent Arbeitsleistung über die gesamte Belegschaft verteilt und damit nur noch 60 Prozent Kurzarbeitsförderung. 22 . GELD-MAGAZIN – Juli/August 2020
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