GELD-Magazin, Juli/August 2020

T alfahrt: Von Jänner bis Ende April ist der Ölpreis von rund 70 auf knapp 20 Dollar pro Barrel abge- stürzt. Das macht ein sattes Minus von 70 Prozent. Seither sehen wir eine leichte Er- holung auf rund 40 Dollar, was nicht davon ablenken sollte, dass der Sektor insgesamt vor massiven Schwierigkeiten steht. Der grüne Trend Aktuell ist an erster Stelle natürlich die Co- rona-Krise mit ihren ökonomischen Verwer- fungen zu sehen. Langfristiger macht der Trend zu mehr Nachhaltigkeit den fossilen Brennstoffen zu schaffen. Denn rund um den Globus – aber vor allem in der EU – wird eine CO 2 -neutrale Wirtschaft ange- strebt: Wieviel Platz bleibt da noch für den Öl-/Gas-Sektor? Und droht hier nicht auch ein massiver Arbeitsplatzverlust? Rainer Seele, Vorstandsvorsitzender der OMV, erklärt dazu im Gespräch mit dem GELD-Magazin: „Zunächst sollte man zwi- schen fossilen Brennstoffen und fossilen Rohstoffen unterscheiden. Bei Letztgenann- ten sehe ich den Trend: Weg vom Verbren- nen, hin zum Veredeln in der chemischen Industrie. Denn diese Rohstoffe sind in sehr vielen Gegenständen des täglichen Ge- brauchs enthalten – praktisch vom Teppich bis zum Automobil. Was fossile Brennstoffe betrifft, geht die Entwicklung langfristig zu einer wesentlich geringeren Bedeutung in der Mobilität. Kurz- und mittelfristig wer- den wir Umschichtungen und einen schnel- len Ausstieg von Kohle als Brennstoff sehen. Im Sinne der Versorgungssicherheit wird Erdgas als Komplementär von Kohle und Öl auftreten.“ Einen großen Arbeitsplatzver- lust in der Öl-Industrie befürchtet Seele nicht, vielmehr sieht er eine Verschiebung in die Bereiche Gas und Chemie. Laut dem OMV-Chef ist weiters klar der Trend zur Elektro-Mobilität zu erkennen: „Die zentrale Frage lautet dabei, wie nach- haltig der benötigte Strom erzeugt wird. Außerdem beobachte ich vor allem im asia- tischen Raum großes Interesse an Wasser- stoff-Mobilität: Mit dem Vorteil, dass Was- serstoff sehr sauber verbrannt werden kann. Wobei sich auch hier die Frage stellt, inwie- fern große Mengen an Wasserstoff klima- freundlich hergestellt werden können.“ An- gesprochen auf den Einbruch des Ölpreises meint Seele: „Verantwortlich für die aktu- elle Situation ist nicht der Trend zur Nach- haltigkeit – diese wird einen langfristigen Einfluss nehmen. Ausschlaggebend für die gesunkenen Preise war jetzt einerseits die niedrige Nachfrage wegen der Mobili- tätseinschränkungen aufgrund von Corona. Andererseits sahen wir einen Konflikt der großen Öl-Produzenten, der das Angebot BRENNPUNKT . Nachhaltigkeit & Erdöl Branche im Umbruch Die schlechte Konjunktur, Streitigkeiten in der Opec sowie der Kampf gegen den Klimawandel setzen dem Öl- und Gassektor massiv zu. Geht den fossilen Brennstoffen zunehmend die Energie aus? HARALD KOLERUS In den nächsten Jahren wird der Bedarf an Erdöl leicht zurückgehen, wobei die EU durch ihre strikte Klimapolitik eine Vorreiterrolle spielt. Auf den „Schmierstoff der Wirtschaft“ wird die Welt aber noch lange Zeit nicht restlos verzichten können. Die Öl-Nachfrage geht weltweit zurück Quelle: OPEC OECD Non-OECD Global Mio. Barrell/Tag 0,4 0,2 0 -0,2 -0,4 0,8 0,6 1,2 1,0 1,4 2019 2020 2021 2022 2023 2024 16 . GELD-MAGAZIN – Juli/August 2020

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