GELD-Magazin, Juli/August 2020

verbrachte Dorsey mehrere Monate damit, herauszufinden, was schiefgelaufen war. Er kam zu dem Schluss, dass ihm Erfolg nur in einem neuen Anlauf beschieden sein würde. Zurück in St.Louis, traf er sich mit seinem ehemaligen Chef aus Teenagerzeiten, Jim McKelvey, um mit ihm an neuen Ideen zu ar- beiten. Bereits 2009 gründeten die beiden dann das Zahlungs-Startup Square, mit dem Kleinunternehmer fortan über einen Smart- phone-Adapter in der Lage waren, Kreditkar- tenzahlungen entgegenzunehmen. Das Fin- Tech entwickelte sich rasch zum Big Player im Bereich Mobile-Payments und hatte bis 2012 bereits mehr als zwei Millionen Nutzer. Comeback Neben dem Erfolg mit Square kehrte Dorsey 2011 als Vorstandvorsitzender zu Twitter zurück. In dieser Funktion war er dann auch am Börsengang 2013 beteiligt, der ihn mit seinen knapp 23,4 Millionen Anteilen innerhalb weniger Stunden zum Milliardär machte. Nachdem Twitter-Geschäftsführer Dick Costolo im Juli 2015 seinen Rücktritt verkündete, übernahm Dorsey den Posten als Interims-CEO und wurde am 5. Oktober – in bester Steve Jobs-Manier – zum zweiten Mal zum permanenten CEO ernannt. Lange saß er fest im Sattel, doch 2020 war es dann wieder soweit – er drohte als Ge- schäftsführer verdrängt zu werden. Dorseys Bekanntgabe, mehrere Monate in Afrika verbringen zu wollen, und sein Pendeln zwischen den CEO-Posten bei Twitter und Square veranlassten den großen Twitter-In- vestor Elliot Management, Ende Februar dazu Initiativen zu starten, Dorsey zu erset- zen. Doch Dorsey gelang es, dies abzuweh- ren und so folgte am 9. März ein Waffen- stillstand. Jack Dorsey behielt den Posten, die Private-Equity-Firma Silver Lake inve- stierte eine Milliarde Dollar in Twitter und Partner von Elliot Management und Silver Lake traten dem Vorstand von Twitter bei. Unter Druck Nicht nur intern sondern auch extern geriet Dorsey während seiner spektakulären Lauf- bahn mehrfach ins Kreuzfeuer öffentlicher Kritik. Im September 2018 wurde er vom BRENNPUNKT . Porträt Jack Dorsey Bitcoin-Fan Immer wieder twittert Jack Dorsey über die Vorzüge von Bitcoin und be- zeichnet das Whitepaper der Krypto­ währung im April gar als eine der wegweisendsten Arbeiten in den Computerwissenschaften der ver- gangenen 20 bis 30 Jahre und Poesie. Square selbst bietet den Handel mit Bitcoin schon seit über zwei Jahren an und Dorsey gab kürzlich bekannt, das wöchentliche Bitcoin-Ausgabenlimit der Square Cash-App von 10.000 Dol- lar persönlich maximal auszuschöpfen. Dem Twitter-Gründer zufolge wird das Internet in Zukunft eine eigene native Währung brauchen, die auf keiner In- stitution beruht und durch keine Institu- tion zu stoppen ist. Bitcoin ist dabei für ihn in mehrerlei Hinsicht unangefoch- tener Favorit. Dorsey bezeichnet die Entwicklungen als einmalige Gelegen- heit, jedes Land und jede Community in einem einheitlichen Geldsystem zu vereinen, um Inklusion, Innovation und geldpolitische Klarheit zu schaffen. Geheimdienstausschuss des US-Senats zu Wahlbeeinträchtigungen mit gefälschten Konten und politischer Bevorzugung im Zuge der US-Präsidentschaftswahlen 2016 befragt. Dorsey entgegnete den Vorwürfen in der Anhörung mit „Unparteilichkeit aus geschäftlicher Perspektive und um der öf- fentlichen Konversation zu dienen“, doch Donald Trump, seinerseits bekannter Twit- ter-Nutzer, schenkte dem wenig Glauben und lud Dorsey in Folge ins Weiße Haus ein, um Bedenken hinsichtlich der Entfernung seiner Anhänger persönlich zu erörtern. Die fortan losgetretene Twitter-Trump-Feh- de erreichte schließlich im Mai 2020 ihren Höhepunkt, als Twitter Links zum Fakten- Check von zwei Posts des US-Präsidenten hinzufügte. Trump reagierte darauf mit der Drohung, Social-Media-Plattformen „stark zu regulieren“ oder zu schließen. Dorsey ließ sich davon bisher wenig beeindrucken und konterte schon im Juni wieder in einem persönlich an Trump gerichteten Tweet ei- ner Drohung des Präsidenten. Philanthropische Ader Abseits von politischem Geplänkel sorgt Dorsey regelmäßig mit einem ganz be- stimmten Thema für Aufmerksamkeit. Der Milliardär, der für seine Geschäftsführer­ tätigkeit bei Twitter gerade einmal 1,40 Dollar pro Jahr verdient, setzt viel daran, sein angehäuftes Vermögen für die existen- ziellen Probleme der Menschheit einzuset- zen. Neben der Bekämpfung des Klimawan- dels ist ihm ironischerweise die wirtschaft- liche Ungleichheit ein besonderes Anliegen. Am 7. April gab er bekannt, einen Wohltä- tigkeitsfonds zur Bewältigung der Folgen der Covid-19-Pandemie gründen zu wollen. Eine Milliarde seines persönlichen Vermö- gens will Dorsey in den Fonds mit dem Na- men Start Small stecken, der sich neben der Bekämpfung des Virus auf die Bildung von Mädchen und die Entwicklung eines univer- sellen Grundeinkommens konzentrieren möchte. Bezüglich seiner Motivation be- fragt, antwortete Dorsey: „Ich finde es nicht fair, mehr Möglichkeiten gehabt zu haben als andere – und so schließe ich die Vermö- genslücke mit meinen Mitteln.“ Es ist wirklich kompliziert, etwas einfach zu machen. Jack Dorsey 14 . GELD-MAGAZIN – Juli/August 2020

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