GELD-Magazin, Juli/August 2020

A nders als die meisten Erfin- dungen der Menschheitsge- schichte, beeinflussen Social Me- dia-Plattformen unsere Gesellschaft heute in einer Form, mit der wir immer noch Schwierigkeiten haben, sie gänzlich zu ver- stehen. Die Überwindung nicht nur räum- licher sondern auch sozialer Grenzen, er- möglichten es Facebook, YouTube, Twitter & Co., dass unsere sozialen Verbindungen ein Ausmaß erreichen, das die Verbreitung von Wissen, Ideen und Meinungen immer weiter beschleunigt wird. Diejenigen, die dabei die Regeln festlegen, sind zu den reichsten und einflussreichsten Menschen der Welt geworden, welche die Macht besit- zen, die globale Politik zu verändern und den Informationszugang von Milliarden Menschen zu kuratieren. Einer davon, James Dorsey, seines Zeichens Gründer des vom US-Präsidenten Trump besonders in- tensiv genutzten Sprachrohrs Twitter, gerät dabei in der jüngeren Vergangenheit immer wieder ins politische Kreuzfeuer. Grund ge- nug, einen Blick auf das schillernde, aber nicht ganz so öffentlich ausgetragene Leben von Dorsey zu werfen. Stiller Rebell Jack Dorsey wurde am 19. November 1976 in St. Louis, Missouri, geboren. Schon früh interessierte sich Dorsey für Computer und Kommunikation und begann bereits auf der High School mit dem Programmieren. Die in St. Louis zu dem Zeitpunkt bereits sehr aktive Hacker-Szene verhalf Jack, seine Fas- zination für Betriebssysteme gezielt weiter- zuentwickeln. Mit 15 schrieb er eine Open- Source-Versand-Software für Taxifahrer, die noch heute von manchen Taxi-Unterneh- men genutzt wird. Dass ihn dieses Interesse BRENNPUNKT . Porträt Jack Dorsey Der Informationsaktivist In turbulenten Zeiten wie diesen erweisen sich Kurznachrichtenplattformen als unverzichtbare Informationswerkzeuge. Eines der beliebtesten davon ist Twitter – doch wer ist eigentlich Jack Dorsey, der Mann hinter dem Silicon Valley-Giganten? MORITZ SCHUH Credit: ZUMA Press, Inc. / Alamy Stock Foto einmal zum CEO von gleich zwei Tech­ Giganten und zum Milliardär machen wür- de, war dabei jedoch keineswegs in Stein gemeißelt. Dorsey, der aufgrund von Sprachschwierigkeiten eher schüchtern war, eine Fantasy-Football-Liga für seine Freunde leitete und sich in seiner Jugend- zeit in der Punkrock-Szene herumtrieb, hat- te mit Business lange nichts am Hut. Pro- grammieren war für ihn eigentlich zu ab- strakt, er wollte Dinge mit seinen Händen kreieren oder Künstler werden – Musiker oder Zeichner: so wie seine Mutter. Über Umwege Dorsey studierte botanische Illustration an der Universität von Missouri-Rolla und an der Universität von New York, bevor er auf- grund mangelnder Zukunftsperspektiven 1999 nur ein Semester vor seinem Ab- schluss das Handtuch warf und zurück zum Programmieren kam. Durch eine Massage- therapie aufgrund eines Karpaltunnel-Syn- droms verschlug es ihn anschließend in den Bereich der therapeutischen Massage, in der er rund 1000 Stunden Ausbildung ab- solvierte – aber in diesem Fach wurde er nie professionell tätig. Er zog daraufhin nach Oakland, ins schöne Kalifornien, wo er ne- ben der Gründung seiner Firma für Taxi- und Zustelldienst-Logistiksysteme als Tür- steher in einem Punkrock-Club arbeitete und davon träumte, Modedesigner zu wer- den. Seinem Drang nach haptischer Tätig- keit folgend, besuchte er eine Modeschule in San Francisco, die er jedoch – zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Gründung von Twitter – ebenfalls nicht abschloss. Der erste Durchbruch Inspiriert durch den Instant-Messenger von Extravaganter Lebensstil Nicht nur beruflich, auch privat pflegt Milliardär Jack Dorsey einen außerge- wöhnlichen Lebensstil. Nachdem Dor- sey frühmorgens aufwacht, startet er seinen Tag mit Meditation und einem 7-Minuten Workout – angeleitet durch eine App auf seinem Smartphone. Anschließend legt er bei jedemWind und Wetter den knapp acht Kilome- ter langen Weg zur Twitterzentrale zu Fuß zurück, um in Ruhe über seine Gedanken reflektieren zu können. Er nimmt nur eine Mahlzeit pro Tag zwi- schen 18:30 und 21:30 zu sich, die für gewöhnlich aus Fisch, Hühnchen oder einem Steak in Kombination mit Salat, Spinat, Spargel oder Rosen- kohl und ein paar Beeren als Nach- tisch besteht. Anschließend geht er in die Fasssauna und wechselt drei Mal je 15 Minuten in ein Eisbad. Neben seinem Fulltime-Job leistet sich Dor- sey täglich 8 1/2 Stunden Schlaf und verbringt seit 2019 jährlich eine Wo- che in stiller Meditation (Vipassana). 12 . GELD-MAGAZIN – Juli/August 2020

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