GELD-Magazin, Juni 2020

Hier soll der Wiederaufbaufonds beschlosssen werden: Blick vom Illbogen auf den Plenarsaal des Europaparlaments in Straßburg. Mitgliedsländer und die ersten Streitigkeiten haben bereits begonnen. Tabubrüche Zwar handelt es sich hierbei nicht um „Euro- bonds“ im klassischen Sinne, da die einzel- nen Mitglieder ihre Beiträge zum EU-Haus- halt weiterhin anhand der relativen Größe ihres BIPs bezahlen und die Maßnahme vor- erst auf die Corona-Krise beschränkt bleiben soll, doch sehen Kritiker darin bereits eine erste Blaupause für eine schrittweise Annä- herung an eine Fiskalunion. Für Unstimmigkeiten sorgen dabei im We- sentlichen drei Punkte: Erstens müsse der Betrag, den die EU-Kommission auf den Fi- nanzmärkten aufnehmen darf, erheblich er- höht werden. Zweitens werden neue Ein- nahmequellen in Form von EU-weiten Steu- ern ins Auge gefasst, die den Weg für ein ge- meinsames EU-Finanzministerium ebnen könnten. Und drittens bedeutet die Vergabe von Zuschüssen – geplant sind zwei Drittel des Paktes, also 500 Milliarden Euro – eine schrittweise Änderung gegenüber dem Eu- ropäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), der normalerweise nur Kredite unter stren- gen Reformauflagen anbietet. Interessenskonflikte Hilfe in Form von Zuschüssen anstelle von Darlehen ist aber eine der wichtigsten For- derungen von Ländern wie Italien und Spa- nien, wo eine weitere Kreditaufnahme die Verschuldung auf ein gefährlich hohes Ni- veau schnellen ließe. Österreich, die Nieder- lande, Dänemark und Schweden signalisier- ten demgegenüber jedoch weiterhin Skepsis und erklärten, dass sie alle mit den Hilfen verbundenen Bedingungen genau prüfen werden. Kanzler Sebastian Kurz führt den Block der „sparsamen Vier“ an und betonte, dass der Vorschlag der EU-Kommission nur der Ausgangspunkt für Verhandlungen sei: „Positiv ist, dass die Zahlungen aus dem Sa- nierungsfonds eine klare Frist haben und nicht der Beginn einer dauerhaften Schul- denunion sind! Was noch verhandelt wer- den muss, ist die Größe und die Aufteilung zwischen Zuschüssen und Krediten.“ Reformen und Bedingungen, die an Zah- lungen und die Verwendung der Gelder ge- knüpft sein könnten, weckten bei vielen süd­ europäischen Ländern schmerzhafte Erinne- rungen an die auferlegten Sparmaßnahmen der Rettungspakete während der Eurokrise. Und trotzdem: Da der Sanierungsplan letzt- endlich die Zustimmung aller EU-Mitglieder erfordert, wird es schwer werden, die Bud- get-Hardliner ohne Festlegung einiger Vor- aussetzungen an Bord zu holen. Langersehnte Kavallerie Obwohl auch das derzeitige Paket weit unter den vollen fiskalischen Kosten der Pandemie von ein bis 1,5 Billionen Euro liegt, wäre es dennoch ein weitreichendes Abkommen, wonach sich EZB-Präsidentin und ihre Vor- Dies ist der Moment Europas! Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission Der Entwurf ist ein Ausgangspunkt für Verhandlungen. Sebastian Kurz, Bundeskanzler Es geht darum, dass die Mitgliedstaaten ihr Wachstum und soziales Gefüge stärken und mit unseren Prioritäten in Einklang bringen. Paolo Gentiloni, EU-Kommissionsmitglied Credit: stock.adobe.com/ thauwald-pictures Credit: EU-Kommisssion/ Lukasz Kobus, beigestellt, EU-Kommisssion/Etienne Ansotte Juni 2020 – GELD-MAGAZIN . 9

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