GELD-Magazin, Juni 2020

D ienstag, 28. April, frühmorgens noch vor Börseneröffnung: Wire- card wird von der Wirtschaftsprü- fungsgesellschaft KPMG der Bericht zur Sonderuntersuchung übergeben und umge- hend veröffentlicht. Doch der heiß ersehnte Prüfbericht der Finanzgebarung Wirecards von 2016 bis 2018 bringt nicht die erhoffte Entlastung und keine Reinwaschung von Vorwürfen der Bilanzfälschung. Die Aktie stürzt um bis zu 26 Prozent ab. Denn Wire- card muss die Termine für die Veröffentli- chung der Jahresbilanz 2019 und die Jah- reshauptversammlung zum dritten Mal ver- schieben. Und einzelne Passagen des Prüf- berichtes haben es in sich: „Die Wirecard AG hat von KPMG im Verlauf der Untersuchung angeforderte Dokumente teilweise nicht bzw. erst mehrere Monate nach Anforde- rung geliefert, wodurch sich die Untersu- chung insgesamt verzögerte“, schreiben die KPMG-Prüfer. Somit konnte der Bericht Tei­ le der Vorwürfe weder ausräumen noch be- stätigen und ist als Persilschein unbrauch- bar. Und so werden die Kritiker Wirecards immer mächtiger und zahlreicher. Zweifelhaftes Drittpartnergeschäft Besonders die umstrittenen Drittpartner (TPA) zeigten sich nicht sonderlich koopera- tiv. Originalton KPMG: „Wir konnten die Prüfungen der Jahre 2016 bis 2018 nicht vollständig abschließen, da uns nicht alle dafür erforderlichen Dokumente vorgelegen hatten.“ Dabei könnte es gerade in Asien – im Einzugsbereich der Drittpartner Wire- cards – Scheingeschäfte gegeben haben, um die Bilanz aufzupolieren. Etwa das soge- nannte „Round Tripping“. Ein typisches Bei- spiel dafür wäre der gegenseitige Verkauf von identischen Assets in gleicher Höhe zwi- schen zwei Gesellschaften. Oder die gegen- seitige Bezahlung von nicht existierenden „Services“. Der Zweck hinter solchen Fi- nanzmanövern besteht in der Aufblähung des Umsatzes – Gewinne lassen sich da- durch nicht künstlich erhöhen. Im Mittel- punkt stand dabei Wirecards Partner Al Alam aus Dubai. Über den soll laut der bri- tischen „Financial Times“ im Jahr 2016 rund die Hälfte des Unternehmensgewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen erzielt worden sein – dieses Thema war bereits mehrmals Auslöser für heftige Shortatta- cken auf Wirecard. Al Alam ist für Wirecard ein Drittpartner, der in Ländern, in denen das Unternehmen über keine eigenen Li- zenzen verfügt, die Abwicklung des Zah- lungsverkehrs übernimmt. Brisant: „Teile des erforderlichen Datensatzes stehen unter der Kontrolle von TPA-Partnern, die nicht zur Zusammenarbeit bereit gewesen sind“, so KPMG. Solides Geschäftsmodell Dabei verfügt Wirecard über ein solides Ge- schäftsmodell, hätte also Bilanztricks gar nicht nötig. Der Internetbezahldienst er- möglicht Konsumenten sicheres Bezahlen bei Millionen von MasterCard-Akzeptanz- stellen. Zusätzlich können registrierte Nut- zer in Echtzeit untereinander Geld versen- den oder empfangen. Darüber hinaus bietet die Wirecard-Gruppe über die eigene Bank Lösungen in den Bereichen Corporate Ban- king, Prepaid- bzw. Co-branded-Karten so- AKTIEN . Wirecard Finanzkrimi oder Machtkampf? Um keinen anderen DAX-Titel ringen Gegner und Befürworter so intensiv wie um die Wirecard-Aktie. Selbst eine externe Sonderprüfung durch KPMG konnte nicht sämtliche Vorwürfe ausräumen. Nun warten alle auf die endgültigen Gewinnzahlen. WOLFGANG REGNER Credit: Wirecard/beigestellt Zur Person Dr. Markus Braun (geboren 1969 in Wien) ist ein Unternehmer und Tech-Investor. Er ist seit Januar 2002 geschäftsführendes Vorstandsmitglied und Technischer Direk- tor der Wirecard AG. Braun hat sein Studi- um der Wirtschaftsinformatik 1995 an der Technischen Universität Wien abgeschlos- sen und 2000 promovierte er in Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Pikantes Detail am Rande: Von 1998 bis 2001 arbei- tete Braun für KPMG in München. 62 . GELD-MAGAZIN – Juni 2020 Alle verbuchten Umsätze und Kundenbeziehungen mit Drittpartnern sind authentisch und nachvollziehbar. Markus Braun, Vorstand und Technischer Direktor der Wirecard AG

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