GELD-Magazin, Juni 2020
A ls die Corona-Krise schlagend wurde, hat die heimische Bundes- regierung schnell ihr Füllhorn ausgeschüttet. Das Motto lautet: Jetzt finan- zieren wir alles, was notwendig ist, um die Finanzierung kümmern wir uns später. Das ist einerseits verständlich, andererseits er- scheint diese Vorgehensweise auch kurz- sichtig. Denn das BIP schrumpft beträcht- lich, die Staatsverschuldung steigt stark und die Steuereinnahmen gehen aufgrund der Wirtschaftsflaute massiv zurück, was nicht zuletzt die Gemeinden hart tifft. „Fake-Budget“ Nach einer gewissen anfänglichen Schock- starre hat auch die Opposition reagiert und bezeichnet die Pläne von Finanzminister Blümel mitunter als „Fake-Budget“. Dass es anders geht, zeige das Beispiel Deutsch- lands. Dort habe man sehr wohl ein Budget zustande gebracht, das die Corona-Zahlen widerspiegle, heißt es seitens der SPÖ. In Österreich hingegen „wird die Jahrhundert- krise nicht im Geringsten abgebildet“, so Parteivorsitzende Rendi-Wagner. Auch das zeige, dass es der Regierung an „Plan, Per- spektive und an Orientierung“ mangle. Fol- gen dieser Planlosigkeit seien Rekordar- beitslosigkeit, ein Höchststand an Men- schen in Kurzarbeit sowie hunderttausende Unternehmer, die vor einer unklaren Zu- kunft stehen. Ein weiterer Kritikpunkt lau- tet: Von den angekündigten 38 Milliarden Euro an Corona-Hilfen sind bisher gerade einmal 460 Millionen vergeben worden. Wichtiger Wirtschaftsfaktor Nun ist Regierungskritik sozusagen die Le- bensberechtigung der Opposition, wie sieht aber die Wissenschaft die Situation? Für 2020 rechnet die aktuelle WIFO-Prognose mit einem Budgetdefizit von 7,4 Prozent des BIP, für 2021 mit 3,3 Prozent. Die Schuldenquote dürfte auf über 80 Prozent des BIP steigen. Also durchaus beunruhi- gende Zahlen, wie sollen nun mittel- und langfristig die fallenden Steuereinnahmen und höheren Ausgaben gegenfinanziert und das Budget saniert werden? Dazu meint Margit Schratzenstaller-Altzinger, Ökono- min am Wifo: „Grundsätzlich ist es ange- sichts dessen, dass die zusätzliche Verschul- dung zu einem Zinssatz von praktisch null erfolgen kann, nicht erforderlich, unmittel- bar nach Überwindung der Rezession mit einer energischen Budgetsanierung zu be- ginnen. Eine Debatte über Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung wäre derzeit einer- seits verfrüht, weil das Ausmaß der Rezessi- on sowie ihre budgetären Auswirkungen noch nicht bekannt sind. Andererseits wäre BRENNPUNKT . Budgetpolitik & Corona Planlosigkeit Die Geldschleusen sind im Kampf gegen die weltweite Pandemie ohne Rücksicht auf Verluste geöffnet worden. Eine zweifelsohne notwendige Maßnahme, dennoch regnet es Kritik an angeblich gefährlicher Planlosigkeit. HARALD KOLERUS Credit: Archiv Wie stark Corona die Staatsschulden erhöht Die Verschuldung Österreichs wird durch die Pandemie von 70 auf weit über 80 Prozent des BIP in die Höhe schnellen. Um einiges mehr als zum Beispiel in Deutschland. Quelle: IMF öffentlicher Schuldenstand in Prozent des Bruttoinlandsprodukts 2019 2020 0% 50% 100% 150% 200% Estland 8 20 22 23 30 39 Luxemburg Dänemark 31 38 Tschechien 35 42 Schweden 37 45 Lettland 38 52 Litauen Schweiz 39 46 41 40 43 51 Norwegen Malta 48 57 Slowakei 48 58 Niederlande 60 70 Finnland 60 69 Deutschland 73 71 85 Slowenien Östrereich 85 96 Großbritannien 89 110 Kanada 95 101 Zypern 96 113 Spanien 115 99 115 Frankreich Belgien 118 135 Portugal 135 156 Italien 179 201 Griechenland 67 99 18 . GELD-MAGAZIN – Juni 2020
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