GELD-Magazin, Mai 2020
(VIG), „auf der anderen Seite steigen die Ko- sten der Absicherung, die z.B. für das Hed- ging von variabel verzinsten Rentenverträ- gen – sogenannte Variable Annuities – zum Einsatz kommen.“ Die Asset-Management- Chefin der Allianz, Jacqueline Hunt, be- schreibt in einem Interview mit dem Econo- mist den März 2020 sogar so, als ob die Lichter einfach abgedreht worden wären. „Die Kosten für Absicherungsinstrumente gingen durch die Decke – hundert Millionen da, und hundert Millionen dort“, so Hunt. Keine Erfahrungswerte Die Situation ist für alle Marktteilnehmer eine historische Einmaligkeit, und macht die Evaluierung der Situation nicht einfacher. „Für einen globalen Shut Down gibt es keine Erfahrungswerte“, erklärt Axel Sima, Chef der Investmentabteilung der Generali Versi- cherung. „Wir müssen lernen, noch viel mehr als früher in Szenarien zu denken und zu planen“, so Sima. Die Konsequenz der „neuen Normalität“ führt zu unterschied- lichen Wegen, diese Situation zu bewälti- gen. Ein Weg ist die Desinvestitionsstrategie. „Wir haben seit Ausbruch der Krise unsere Liquidität in Form von Kontoguthaben bzw. Termingeldern erhöht“, wie Elisabeth Stadler, CEO der Vienna Insurance Group, erklärt. Andere, wie z.B. die Helvetia, sehen kurzfristig keine Konsequenzen für ihr Port- folio. Auch die HDI will derzeit ihr Portfolio nicht verändern. „Wir sind aktuell nicht in Aktien investiert und die Duration unserer Veranlagungen ist kurz“, so Günther Weiß, Vorstand der HDI-Versicherung. Auch bei der Allianz sieht man mittelfristig kaum Handlungsbedarf, der sich aus der Krise ab- leiten würde: „Die mittelfristigen Erwartun gen haben sich nicht massiv verändert; sie liegen nahe an unseren ursprünglichen Schätzungen“, heißt es auf Anfrage. FMA mahnt zur Vorsicht Fest steht, dass die Verwerfungen an den Ka- pitalmärkten deutlich negative Effekte auf die Eigenkapitalpositionen (Solvabilität) von Versicherern haben. Ein wesentlicher Einflussfaktor für die Solvabilität ist – neben Zinsniveau und Verlauf der Aktienmärkte – Unser Investmentportfolio ist auch in Krisenzeiten sehr gut aufgestellt und wir sind nicht gezwungen, auf kurzfri- stige Strategiewechsel zurückzugreifen. Unser Portfolio besteht bereits jetzt aus einem anteilsmäßig materiellen Bestand an Staatsanleihen hoher Bonität, neben Liegenschaften in besten Lagen, Unter- nehmensanleihen, Aktien und Hypothe- ken. Dieses Portfolio wollen wir in Zeiten des Niedrigzinsumfeldes um attraktive Anlagekategorien wie etwa Infrastruk- tur-Investitionen ergänzen und das En- gagement in Green-, Social- und Su- stainability-Anleihen weiter ausbauen. Silvia Emrich, CFO Zurich Neben kurzfristigen markttechnischen Aspekten ist für einen langfristig orien- tierten Investor vor allem die nachhal- tige Auswirkung der gegenwärtigen Krise auf Staatshaushalte aber auch auf Unternehmensaussichten relevant. Dabei legen wir unserer Planung un- terschiedliche Szenarien zugrunde, je nachdem ob und in welchem Aus- maß weitere Wellen von Viruserkran- kungen auftreten. Mittel- und langfristig wird der Umgang mit den krisenbe- dingt höheren Verschuldungsgraden der Staaten die volkswirtschaftliche Diskussion und damit die strategischen Leitplanken der Investition bestimmen. Kurt Svoboda, CFO Uniqa die Entwicklung der Credit Spreads von Renditen bei Staats- und Unternehmensan- leihen. Hier ist wegen der Ratingentwick- lung maßgeblich, wie stark Versicherer mit welchen Laufzeiten in welchen Segmenten engagiert sind. „Investments in einigen Sek- toren – insbesondere in die Ölindustrie, den Automobilsektor, den Tourismus, in Flugli- nien usw. – sind neu zu evaluieren und mit erhöhtem Risiko zu sehen“, so Stadler. Ange- sichts dieser massiven Herausforderungen haben die Europäische Aufsichtsbehörde EI- OPA und die österreichische Finanzmarkt- aufsicht FMA die dringende Empfehlung an die Versicherungsunternehmen gerichtet, von einer Ausschüttung von Dividenden für das abgelaufene Geschäftsjahr sowie Aktien- rückkäufen Abstand zu nehmen. „Es wäre in einer solchen Situation völlig unverständ- lich, wenn Versicherer ihre finanziellen Res- sourcen durch eine unverantwortliche Aus- schüttungspolitik schmälerten“, so der FMA- Vorstand Helmut Ettl in einer Aussendung. Mai 2020 – GELD-MAGAZIN . 65
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