GELD-Magazin, Mai 2020
Corona: Krise als Chance USA Schwieriger Neustart BRENNPUNKT . Kurzmeldungen Enormer Nachholbedarf. Schon jetzt sei ein guter Zeitpunkt gekommen, darüber nachzudenken, was nach der Krise kommen wird, meint Jean-Marie Mercadal, CIO bei OFI Asset Management. Die Pan- demie habe Versäumnisse in mehreren Bereichen zu Tage treten lassen, offenkundig etwa in der natio- nalen Sicherheit, den internationalen Lieferketten, in den Bereichen Internetsicherheit und -infrastruk- tur, aber auch was Umwelt, Soziales und gute Unter- nehmensführung (Environment-Social-Governance: ESG) betrifft. Hier müsse sich unweigerlich etwas ändern: Ein großer Nutznie- ßer ist dabei die Online-Welt. Die Netzinfrastruktur, 5G und Videokonferenzen werden für die dezentrale Arbeit immer wichtiger, insbesondere weil sich das Home Office weiter durchsetzen wird. Auch ESG wird eine größere Bedeutung erlangen. „Bereits vor der Krise wurde deutlich, wie wichtig diese Themen für Unternehmen sind. Nun hat sich gezeigt, dass Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften und fair mit ihren Stakeholdern umgehen, stärker von Investoren nachgefragt werden“, so Jean-Marie Mercadal. Allen voran stehe aber die Ab- hängigkeit von Zulieferern im Fokus. Die Debatte darüber hat bereits mit dem Handelskrieg begonnen. Der Experte abschließend: „Die aktuelle Krise hat uns noch stärker vor Augen geführt, dass unsere Volkswirtschaften zu stark von in- ternationalen Subunternehmern abhängig sind.“ Zu hohe Dividenden. Irgendwann – hoffentlich schon bald – wird das Coronavirus weniger be- drohlich sein und auch die US-Wirtschaft wieder anspringen. Der Neustart der Ökonomie wird aber laut den Experten von MFS Investment Ma- nagement zu einer komplexen Koordinationsauf- gabe: Die Produktionsfaktoren Arbeit, Manage- ment, Kapital und Finanzen mussen sich neu sor- tieren, internationale Lieferketten mussen neu aufgebaut werden. Und das alles in einer Zeit der Unsicherheit. Die Analyse umfasst auch einen Punkt, die Aktionären nicht gefallen wird: „Der letzte Konjunkturzyklus ging mit ubermäßiger Verschuldung, mangelnden Investitionen in Pro- duktivkapital und viel zu hohen Ausschuttungen an Aktionäre einher. Er war nicht nachhaltig“, heißt es hier. Fur die nächste Zeit rechnen die Experten bei Aktien mit niedrigeren Erträgen, schwächerem Wachstum und höheren Risiken. Credits: beigestellt; pixabay; commons.wikimedia/daveynin; ADA/Wilke Jean-Marie Mercadal, CIO bei OFI Asset Management China: Abschwächung der Ökonomie im Rahmen Nicht überraschend. Um immerhin 6,8 Prozent ist das chinesische Brutto- inlandsprodukt im ersten Quartal ge- genüber dem Vorjahr eingebrochen. Nicholas Yeo, Aktienspezialist bei Aberdeen Standard Investments, kommentiert die aktuellen Wirt- schaftsdaten wie folgt: „Die Abschwä- chung im ersten Quartal ist keine Überraschung und das Ausmaß ent- sprach im Großen und Ganzen den Erwartungen. Alle Augen sind nun darauf gerichtet, wie sich die chine- sische Ökonomie erholt.“ Die Behörden haben bisher einen zielgerichteten Ansatz zur Stimulierung verfolgt und müssen erst noch die volle Wirkung der fiskalischen und geldpolitischen Macht entfalten. Aber es wird zweifellos noch mehr kommen, einschließlich Steuersenkungen und -befreiungen sowie günstige Kredite. Wobei es laut einem Kommentar von Union Investments auch bereits ermutigende Signale gibt: Die Industrieproduktion und die Investitionen haben sich im März bereits spürbar von ihrem vorangegangenen Einbruch erholt. Das kann zwar eine deut- liche Konjunkturverlangsamung in diesem Jahr nicht verhindern, die Stabilisierung lässt allerdings auf eine Erholungsbewegung in der zweiten Jahreshälfte hoffen. Es gibt also Licht am Ende des Tunnels, der Weg dahin ist aber noch lang. Klimawandel: Herausforderungen Sozialer Fokus. Corona stellt den European Green Deal zur Förderung einer klimafreundlicheren Wirt- schaft in der EU auf den Prüfstand. „Der Klimawan- del kann in der Nachhaltigkeitsdebatte nicht länger eine Monopolstellung haben“, so Iain Richards, Lei- ter für verantwortliche Investments bei Columbia Threadneedle. „Es wird vermutlich eine neue Prio- risierung sozialer Angelegenheiten geben, die nun auf der Agenda weiter oben stehen: Gesundheitssy- stem, soziale Fürsorge, Arbeitsmarkt und Bildung.“ Die Europäische Kommission hat den European Green Deal am 11. Dezember 2019 vorgestellt. Das Konzept verfolgt das Ziel, die Netto-Emissionen von Treibhausgasen in der Europäischen Union bis zum Jahr 2050 auf null zu reduzieren. Damit soll Europa als erster Kontinent klimaneutral werden. 6 . GELD-MAGAZIN – Mai 2020
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