GELD-Magazin, Mai 2020
Nachdem die Unterstützung bei 8200 Punkten gehalten hatte, erholte sich der DAX kurzfristig sogar über die 11.000er- Marke hinaus. Ein Rückfall auf 10.600 Punkte könnte den DAX neue Luft holen und bis zur Marke bei 11.600 vorrücken lassen. Hier liegt ein im Abwärts- Schwung geöffnetes Gap, also eine Kurslücke. Diese werden oft geschlos- sen, bevor es in vorherrschender Rich- tung – diesmal abwärts – gehen sollte. Spekulative Anleger steigen bei 10580 Punkten ein und setzen bei 9750 Punk- ten ein Stopp Loss. AKTIEN . Deutschland D er Monat April sah an den deut- schen Börsen zwar einen Erho- lungstrend, gleichzeitig aber auch epische Abstürze wichtiger Konjunkturda- ten. Für den Monat Mai fiel das Konsumkli- ma um 25,7 Zähler auf minus 23,4 Punkte – schon ein leicht negativer Wert ist phänome- nal schlecht. Und eine nachhaltige Besse- rung ist nicht in Sicht. Da sich abzeichnet, dass die Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 aus Vorsichtsgründen nur sehr langsam gelockert werden, dürften auch dem Konsumklima in den nächsten Monaten schwierige Zeiten bevorstehen. Highway to Hell Die Corona-Krise drückt die Stimmung in den deutschen Chefetagen auf ein histo- risches Tief. Der ifo-Geschäftsklimaindex für April fiel auf 74,3 Punkte von 85,9 Zählern im März. Dies ist der niedrigste jemals ge- messene Wert. „Die Stimmung unter den deutschen Unternehmen ist katastrophal“, sagt ifo-Präsident Clemens Fuest. Die be- fragten Manager schätzen ihre Lage schlech- ter ein und blicken auch skeptischer in die Zukunft. Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, kommentiert: „Dass ausgerechnet ein hoch profitabler Konzern wie Adidas den Gang zum Staat antritt, hat viele überrascht. Wirklich schlecht geht es der Lufthansa. In- sidern zufolge soll ein staatliches Hilfspaket von bis zu zehn Milliarden Euro geschnürt werden.“ Fast ein Fünftel der deutschen Unternehmen plant laut ifo einen Stellenabbau. Ein sprunghafter Anstieg der Arbeitslosigkeit und der Kurzarbeit drohen die Rücklage von 26 Milliarden Euro bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) binnen weniger Monate auf- zuzehren. Diese rechnet mit einem Anstieg der Arbeitslosenzahl um etwa 700.000 auf über drei Millionen. Zudem gehen die For- scher von einer Rekordzahl von 2,5 Millio- nen Kurzarbeitern aus. Mit der Lockerung des Shut Downs steigt aber die Chance auf eine Stimmungsverbes- serung. Doch es lauert noch eine weitere Ge- fahr: diesmal in den Büchern und Bilanzen der deutschen Unternehmen. Vor allem bei jenen, die in den letzten Jahren große Zu- käufe anderer Firmen getätigt haben. Durch die Corona-Krise drohen den Firmen nun Abschreibungen in Milliardenhöhe. Die Goodwill-Bombe Der Goodwill ist ein immaterieller Wert, der sich aus Unternehmenszukäufen ergibt und die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Marktwert der erworbenen Netto-Ver- mögenswerte zum Kaufzeitpunkt beziffert. Für den Goodwill gibt es keinen materiellen Gegenwert, er spiegelt Werte wie Wachs- tumspotenzial, Synergien, Markenwerte, Pa- tente und Marktzugang wider. Im Prinzip sind es nur Hoffnungen. Erfüllen sich diese später nicht, muss ein Konzern den zu viel gezahlten Preis abschreiben. Das niedrige Zinsniveau hat Deutschlands größte Unter- nehmen in den vergangenen Jahren zu ris- kanten Übernahmen verleitet und in vielen Bilanzen den Goodwill mächtig aufgebläht. Kommt es jetzt durch die Krise zu Abschrei- bungen, drohen Verluste und rote Zahlen, im Extremfall kommt es sogar zur Über- schuldung. In den Bilanzen der 30 größten deutschen (DAX-)Unternehmen beträgt die Goodwill-Gesamtsumme aktuell über 317 Milliarden Euro, was eine Steigerung um mehr als 140 Milliarden Euro seit zehn Jah- ren bedeutet. Im Vergleich dazu schrieben alle 30 DAX-Konzerne 2019 insgesamt nur Gelingt die Stabilisierung? Nach dem dramatischen Absturz konnten deutsche Aktien anschließend wieder die Hälfte der Verluste aufholen. Eine neuerliche Abwärtswelle ist jedoch durchaus möglich. WOLFGANG REGNER fünf Milliarden Euro ab. Dass von Unterneh- mensseite so wenig korrigiert wird, liegt auf der Hand: Abschreibungen drücken das Er- gebnis, die Dividende, den Aktienkurs und auch die Vergütung der Manager. Sie sind das Eingeständnis des Vorstands, zu teuer gekauft zu haben. Der Goodwill in Deutschlands erster Börsen- liga macht durchschnittlich 35 Prozent des Eigenkapitals aus. Dieses Verhältnis ist noch akzeptabel. Doch im DAX gibt es Extremfäl- le: So weist der Gesundheitskonzern Frese- nius laut seinem Geschäftsbericht des Jahres 2019 einen Goodwill von 25,7 Milliarden DAX . Kräftige Erholung QIII 2019 QIV 2019 QI 2020 9.000 8.500 9.500 10.000 11.000 12.000 13.000 14.000 Indexpunkte 46 . GELD-MAGAZIN – Mai 2020
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