GELD-Magazin, Mai 2020

„Die Digitalisierung in der Welt wird nach Covid-19 eine noch größere Rolle spielen.“ Nina Lagron, La Française 32 . GELD-MAGAZIN – Mai 2020 banken immer wieder aufgbracht wird: die Inflation. Dazu John Greenwood, Cheföko- nom bei Invesco: „Treiber der Inflation ist das Geld in den Händen der Öffentlichkeit und nicht das Geld in den Büchern der Zen- tralbank.“ Die Geldschöpfung gehe überwie- gend auf die Kreditvergabe der Geschäfts- banken zurück. „Wenn Banken ein Hypothe- kendarlehen oder einen Firmenkredit verge- ben, schaffen sie damit einen neuen Vermö- genswert und schreiben diesen dem Konto des Kreditnehmers gut – schaffen also quasi aus nichts neues Geld. Sollten die Hilfspro- gramme durch die Ausgabe neuer Staatsan- leihen finanziert werden, wirke dies nur dann nicht inflationär, wenn die Anleihen von privatwirtschaftlichen Akteuren außer- halb des Bankensektors angekauft würden. Wenn Banken Staatspapiere kauften, führte das sehr wohl dazu und damit zu höheren Ausgaben. Die Geldmenge ist in den USA in den vier Wochen bis zum 23. März auf annu- alisierter Basis um mehr als 60 Prozent p.a. (!) gewachsen. „Wenn die breite Geldmenge über einen längeren Zeitraum von vielleicht sechs oder zwölf Monaten so schnell wach- sen sollte, würde die Inflation in den USA mittelfristig tatsächlich anziehen“, so Green- wood. „Sollte sich das Geldmengenwachs- tum in den nächsten drei bis sechs Monaten aber wieder auf ein angemesseneres Niveau von sechs bis acht Prozent p.a. einpendeln, müsste nicht notwendigerweise mit einer deutlich höheren Inflation gerechnet wer- den.“ Zudem haben die deflationär wir- kenden strukturellen Faktoren Bestand. Die demografische Alterung und Globalisierung dauern an, dazu kommt der Kollaps des Öl- preises. Zudem handelt es sich bei den fiska- lischen Stimuli vielfach nicht um zusätz- liches Geld, sondern um den Ersatz von Um- satz-, Lohnausfällen etc. MÄRKTE & FONDS . Börsenwelt nach Corona John Greenwood, Chefökonom bei Invesco Wie sehen Sie den Ausblick für den weiteren Corona-Verlauf? Es gilt drei Krisen zu adressieren: Erstens die Ge- sundheitskrise, das ist am wichtigsten. Zweitens die negativen wirtschaftlichen Folgen der Lock Down- Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19. Und drittens den Kollaps der Finanzmärkte durch die Flucht in Barmittel und eine phasenweise bedenk- liche Illiquidität. Wie sieht ihr Basisszenario aus? Im Basisszenario unterstützen Regierungen und No- tenbanken die Weltwirtschaft weiter mit geld- und fiskalpolitischen Hilfsprogrammen. Ein Covid- 19-Impfstoff würde in diesem Szenario nach rund zwölf bis 18 Monaten zur Verfügung stehen. Nach einem Einbruch des realen BIP im ersten Halbjahr 2020 mit einem negativen Wachstum, das mit rund -35 Prozent im zweiten Quartal seinen Tiefpunkt er- reicht, würde das reale BIP-Wachstum in diesem Szenario weiter sehr schwach bleiben, bis die Ge- sundheitskrise überwunden ist. Sobald das Corona- virus unter Kontrolle gebracht ist, wäre mit einer kräftigen Erholung und einer Rückkehr zu früheren Wachstumsraten zu rechnen. Wie sieht das Bärenmarkt-Szenario aus? Hier würde die Covid-19-Pandemie deutlich länger als ein Jahr andauern. Wenn die Gesundheitskrise endlich überwunden ist und die Einschränkungen wieder vollständig aufgehoben worden sind, würde die Rückkehr zum Trendwachstum in diesem Szena- rio auch nur langsam erfolgen. In diesem Szenario könnte das reale BIP auf Quartalsbasis um über 50 Prozent schrumpfen und mehrere Quartale in Folge ein negatives Wachstum verzeichnen, wenn die Re- alwirtschaft durch Lock Down-Maßnahmen lahmge- legt bliebe. Welche Folgen könnten die Covid-Maßnah- men haben? Der Inflationsausblick hängt vor allem davon ab, wie die weltweit hohen Haushaltsdefizite finanziert wer- den – durch den Verkauf von Staatsanleihen an die Realwirtschaft (private Haushalte oder Instituti- onen) oder an das Bankensystem –, da die jeweiligen Auswirkungen auf das Geldmengenwachstum sehr unterschiedlich sind. In der Vergangenheit hat sich die Inflation immer erst dann deutlich beschleunigt, wenn das Geld- und Kreditwachstum über längere Zeit schneller gestiegen ist. INTERVIEW Credits: Archiv, beigestellt

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