GELD-Magazin, Mai 2020

hung des Arbeitslosengeldes bzw. dessen Neuberechnung für Menschen, die es be- reits beziehen, wäre wohl ein administra- tiver Wahnsinn. Vielleicht wären stattdes- sen zusätzliche Prämien eine sinnvolle Mög- lichkeit.“ Welche Maßnahmen der Gegenfi- nanzierung erscheinen nun angebracht? Zum Beispiel sind in diesem Zusammen- hang die Rufe nach Vermögens- bzw. Erb- schaftssteuern wieder laut geworden. Ba- delt kommentiert kritisch: „Ich halte von dieser Diskussion zum gegenwärtigen Zeit- punkt gar nichts. Das soll nicht heißen, dass ich inhaltlich automatisch dagegen wäre, das muss man sich aber in aller Ruhe anse- hen.“ Wenn die Corona-Krise einmal durch- gestanden ist, müsse erörtert werden, wie die wirtschaftlichen Dimensionen, etwa das Budget-Defizit, ausfallen. „Steuerliche Än- derungen müssen immer in eine gesamte fiskalische Strukturreform passen und dür- fen kein Schnellschuss sein. Eine Vermö- genszuwachssteuer scheint somit in wei- terer Folge denkbar, aber eben nur im Ge- samtpaket.“ An erster Stelle stehen für den Experten aber prinzipiell die Entlastung des Faktors Arbeit und die Ökologisierung des Steuersystems. Um die Corona-Situation ak- tuell zu bewältigen, sei wiederum Defizit- Spending „ein Muss“. Licht am Horizont Natürlich fragt sich nun jeder, wann die Kri- se durchgestanden sein wird? Badelt: „Das hängt nicht zuletzt davon ab, welche Maß- stäbe wir ansetzen. Um den heuer erlittenen Verlust an Produktionswerten wieder wett- zumachen, wird Österreich wohl zwei Jahre benötigen. Um auf das Niveau zu kommen, wo wir ohne Pandemie wären, werden wir wahrscheinlich vier oder fünf Jahre brau- chen.“ Für 2021 rechnet das WIFO immer- hin mit einem verhaltenen Rebound und einem Wirtschaftswachstum von 3,5 Pro- zent. Wobei es noch die Mühen der Ebene zu durchschreiten gilt. So glaubt Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriel- lenvereinigung, dass „über 40 Prozent des Shut Down-Schadens erst im zweiten Halb- jahr 2020 schlagend werden, wenn viele Unternehmen in die Insolvenz schlittern.“ Pleitegeier verjagen „Daher gilt es in jedem Fall, eine Pleitewelle von an sich gesunden Unternehmen zu ver- hindern und damit eine mögliche Finanzkri- se“, kommentiert Lukas Sustala vom Think- Tank Agenda Austria. „Dafür braucht es im ersten Schritt unbürokratische und schnelle Liquiditätsunterstützung. Und im zweiten eine umfassende Kapitalmarktstrategie für die österreichische Volkswirtschaft sowie eine Stärkung von Risiko- und Eigenkapital- fonds. Denn mit Fortdauer des Ausnahme- zustands werden Liquiditäts- sonst zu Sol- venzproblemen“, so die Analyse. Auch das Vorziehen von Infrastrukturprojekten, eine steuerliche Begünstigung von Unterneh- mensinvestitionen oder eine steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit könnten den Weg aus der Krise laut Sustala weisen. Corona-Krise: „Bombe“ am Arbeitsmarkt Die Arbeitslosenquote ist im Zuge der Pandemie extrem in die Höhe geschnellt. Es könnte aber noch schlimmer kommen, wenn viele Unternehmen Konkurs anmelden müssen. Mit Kurzarbeit wird versucht, die Effekte abzufedern. Quelle: IAMS / Agenda Austria. Veränderung der Arbeitslosigkeit (inkl. Schulungsteilnehmer) im Vergleich zum Vorjahresmonat 200.000 2000 2002 2006 2007 2009 2008 2012 2014 2016 2018 2020 150.000 100.000 50.000 0 -50.000 „Man könnte es sich überlegen, niedrige Einkommen in der Corona-Krise noch zusätzlich zu unterstützen.“ Christoph Badelt, Leiter WIFO „Über 40 Prozent des Schadens aus dem Shut Down dürften erst in der zweiten Jahreshälfte schlagend werden.“ Christian Helmenstein, Chefökonom Industriellenvereinigung Mai 2020 – GELD-MAGAZIN . 21

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