GELD-Magazin, Mai 2020

Der Showman Donald Trump ist der einzige US-Präsi- dent, der zuvor kein politisches Amt oder eine hohe militärische Position einnahm. Das festigte nicht zuletzt sein Bild als Kan- didat des „gewöhnlichen Mannes von der Straße“ (,Average Joe‘ genannt), der vehement gegen das Establishment an- kämpft. Dass er in Wirklichkeit ein milli- ardenschwerer Immobilien-Mogul ist, tut dem volkstümlichen Image keinen Ab- bruch, was Trump selbst durch eine sehr simple bis derbe Sprache untermauert. Die „graue Maus“ Wohlwollend kann man den ehemaligen Vizepräsidenten der USA als Gentleman und erfahrenen Politiker bezeichnen. Kriti- ker sehen ihn allerdings als Vertreter des unbeliebten „Establishments“, trocken und wenig dynamisch. Man könnte auch sagen: langweilig, ein „graue Maus“. Rhetorisch gilt Biden eher als hölzern, wobei er immer wieder für einen peinlichen Fauxpas gut ist. So stellte er sich in einer Wahlkampfre- de als demokratischen Kandidaten für den US-Senat vor, nicht für die Präsidentschaft. „Fake-News und die Demokratische Partei tun alles, um die Corona-Lage stärker anzuheizen, als Fakten es hergeben.“ Donald Trump, 45. Präsident der Vereinigten Staaten „Der Präsident sollte aufhören, die Schuld auf andere zu schieben und seinen Job erledigen.“ Joe Biden, demokratischer Präsidentschaftskandidat Schadet oder nützt die Corona-Krise Trump? Geht das Spiel mit Vorwürfen an China etc. auf? Das Spiel mit Feindbildern geht für Trump sicher auf und ist ja Teil jedes Populismus. Es gibt immer einen tatsächlichen oder eingebildeten Außenfeind, dem die Schuld für Missstände im eigenen Land oder auch eigene Unzulänglichkeiten gegeben wird. An- sonsten hat Trump seinen „Make America Great Again“-Slogan aus dem Wahlkampf 2016 ganz banal in „Keep America Great“ geändert. Das funktioniert angesichts so vieler Toter und der wirtschaftlichen und sozialen Folgen für die USA nicht mehr. Doch ir- gendwie ist Trump ein „One Trick Pony“, der nur eine Kommunikationsform beherrscht. Also ist sein neuer Spruch „Opening Up America Again“. Klingt nicht gerade knallig, ob das funktioniert? Das weiß niemand und ist abhängig davon, wie es der US-Wirtschaft bis zum Wahltag geht. Falls das nicht ganz katastrophal ist, so wird Trump einfach wieder behaupten, das wäre ja nur ihm zu verdan- ken. So, wie er in den letzten Jahren jeden Punkt- Anstieg im Dow Jones-Index frech und unverschämt seiner angeblich unermesslichen Genialität zuge- schrieben hat. Wie könnte Joe Biden trumpfen? Wenn ein Amtsinhaber neuerlich zur Wahl antritt, und noch mehr im Fall Trump, so ist es oft mehr eine Abstimmung über diesen und das Empfinden der po- litischen, wirtschaftlichen und sozialen Lage in den USA, als dass die Person des Herausforderers im Mit- telpunkt steht. Biden ist da kaum eine Ausnahme, nachdem er kein Medientalent wie Bill Clinton ist. Zudem hat er mit Hillary Clinton eine Gemeinsam- keit: Er steht für traditionelle Politik, die sehr unpo- pulär war und 2016 abgewählt wurde. Trump hat davon profitiert und es nun höchstens vielleicht all- zu toll getrieben. Rein wahlstrategisch müsste ich Ihre Frage so beantworten: Es geht um Mobilisie- rung, kann also Biden mehr Trump-Kritiker zur Stimmabgabe motivieren als Trump seine Fans? Das gilt besonders für Afroamerikaner und einkommens- schwächere Bevölkerungsgruppen, nachdem Trump 2016 beispielsweise in der Arbeiterschaft von Ohio vom Establishment enttäuschte Wähler ansprach. INTERVIEW Peter Filzmaier, Politologe Donau- Universität Krems Mai 2020 – GELD-MAGAZIN . 17

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