GELD-Magazin, Mai 2020

Z ahllose Corona-Tote- und Infizierte in den Vereinigten Staaten, dazu ein chaotisch wirkendes Krisenma- nagement. Das wirft objektiv gesehen kein gutes Licht auf Donald Trump, was sich auch in den Meinungsumfragen widerspie- gelt: Die meisten Studien sehen den Heraus- forderer Joe Biden als klaren Favoriten. Ab- schreiben sollte man den aktuellen Amtsin- haber deshalb aber noch nicht. Viele Unsicherheiten Der bekannte Politologe Peter Filzmaier analysiert für das GELD-Magazin: „Die ak- tuellen Umfragen sind aus mindestens drei Gründen im besten Fall ein Näherungswert und im schlechtesten Fall wertlos. Woran freilich nicht die Meinungsforschung schuld ist.“ Erstens kann laut dem Experten nie- mand die Entwicklung der Coronapande- mie bis zur Stimmabgabe abschätzen. Zwei- tens ist die Wahlbeteiligung die große Un- bekannte: In den USA gibt es kein Meldesy- stem, sondern die Bürger müssen sich aktiv in Wählerlisten eintragen, sonst können sie nicht abstimmen. Der Versuch, bereits im Frühjahr in Umfragen „wahrscheinliche Wähler“ zu identifizieren, ist naturgemäß mit großen Unschärfen behaftet. Drittens BRENNPUNKT . US-Wahljahr Schuld sind die anderen Wussten Sie, dass … … der einzige US-Präsident mit gleich vier Amtszeiten Fran- klin D. Roosevelt (1933-1945) war. Erst nach dem Zweiten Welt- krieg wurde festgelegt, dass nur eine Wiederwahl erlaubt ist. … vier Präsidenten Attentaten zum Opfer fielen: Abraham Lincoln (1861- 1865) und John F. Kennedy (1961- 1963) sind im globalen Gedächtnis fix verankert. Eher in Vergessenheit geraten sind James A. Garfield (1881) und William McKinley (1897-1901). …Theodore Roosevelt mit 42 Jahren der jüngste Amtsträger war, gefolgt von J.F. Kennedy (43) und Bill Clinton (46). Barack Obama zählte mit 47 auch noch eher als „Jungspund“. Im Schnitt traten amerikanische Präsidenten mit 55 Jahren an. Donald Trump war bisher mit 70 Jahren der Älteste bei Amtsantritt. Joe Biden würde ihm bei einemWahlsieg den Rang ablaufen, er zählt heute bereits 77 „Lenze“. Donald Trump fährt weiterhin seine bekannte Strategie der Rundumschläge. Verantwortlich für das Corona-Debakel im eigenen Land sind natürlich China oder Fake-News. Damit könnte er sogar durchkommen. HARALD KOLERUS Credits: commons.wikimedia.org by Gage Skidmore; Official White House by Shealah Craighead; Archiv UMFRAGE-WERTE: BIDEN LIEGT MEISTENS KLAR VORAN QUELLE ERHEBUNGSZEITRAUM PRO TRUMP (%) PRO BIDEN (%) RealClear Politics 02.-21.04.2020 42 48 Redfield & Whilton Strategies 23.04.20 40 49 Ipsos/Reuters 15.-21.04.2020 39 47 Fox News 23.-26.02.2020 41 49 Fox News 19.-22.01.2020 41 50 ABC/Washington Post 28.06.-01.07.2019 43 53 CNN/SSRS 14.-18.01.2018 40 57 Public Policy Polling 27.-28.03.2017 40 54 berücksichtigen nationale Prozentzahlen, wer für Trump oder Biden ist, ja nicht das Wahlsystem. Da geht es um den Gewinn von Einzelstaaten, um ebenda die Elektoren- stimmen – volkstümlich „Wahlmänner“ ge- nannt – zu gewinnen. Filzmaier: „Also muss sich Trump eher Sorgen machen, wenn er derzeit in Schlüsselstaaten wie Florida und Pennsylvania hinten liegt.“ „Bizarrer Populismus“ Wobei das Schüren von Feindbildern und nationalistische Politik gut ankommt. „Die Wähler von Trump wollen ja ausdrücklich keinen Präsidenten, dem der Internationa- lismus ein Anliegen ist. Ihr Slogan ist ,Ame- rica First‘. Weltwirtschaftlich komplexere Zusammenhänge oder auch die Logik, dass man gegen eine globale Pandemie auch ge- meinsam vorgehen muss, will man da oft nicht einmal diskutieren“, so Filzmaier. Hin- zu kommt: Trumpwähler haben offenbar eine selektive Wunschwahrnehmung, denn dem Präsidenten sind fast 10.000 Falsch- aussagen im Amt nachgewiesen worden. Geschadet hat ihm das bisher nicht. Der Po- litologe abschließend: „Doch bei einer Pan- demie mit so vielen Toten könnte sein bi- zarrer Populismus scheitern.“ 16 . GELD-MAGAZIN – Mai 2020

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