GELD-Magazin, Mai 2020

Im Europaparlament ist man sich über die Finanzierung der Corona-Auswirkungen nicht einig. Der Ball wird von der EZB zum ESM und zur Europäischen Kommission weitergereicht. Indessen steigen die Schulden vor allem der Südländer der Eurozone munter weiter. Grenzen. Wenig später wurde auch der viel- gepriesene gemeinsame Binnenmarkt außer Kraft gesetzt und Exporte lebensrettender Hilfsgüter vorübergehend untersagt. Zwar wurden die heftig kritisierten Ausfuhrver- bote schnell wieder aufgehoben, doch reich- ten die Alleingänge aus, um ausgerechnet China und Russland mit zwischenzeitlichen Hilfslieferungen wertvolle Propagandage- schenke zu erlauben. Seitdem kehrte man zu den üblichen Brüsseler Methoden zurück und verspricht vage komplizierte, wiewohl rhetorisch beeindruckende Maßnahmen, die immer noch ausstehen. Altes Spiel Der Umgang der EU mit der schlimmsten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg ist mehr als dürftig. Der in Aussicht gestellte Sanie- rungsplan in Höhe von zwei Billionen Euro kann Monate dauern, bis er konkreter wird – wenn überhaupt. Die Prioritäten der Staats- und Regierungschefs sind zu widersprüch- lich und die Wähler gnadenlos, wenn sie sich verraten fühlen. Kein Wunder also, dass zwei Monate nach dem ersten Coronatoten in Europa – neben einem ersten Hilfspaket in Höhe von 540 Milliarden – immer noch keine Einigung erzielt wurde. Auch das letzte Treffen Ende April wurde wieder einmal vertagt – nun soll sich die EU- Kommission um eine Lösung bemühen. Kommissions-Chefin Ursula von der Leyen kündigte an, einen Vorschlag für ein neues EU-Budget und einen darauf aufbauenden Recovery Fund vorzulegen. Das Budget müs- se angesichts dessen aber wesentlich höher ausfallen. Statt 1,2 Prozent der Wirtschafts- leistung würden vorübergehend wohl zwei Prozent fällig. Wie hoch die Mittel des Hilfs- fonds jedoch schlussendlich sein sollen, ist ebenso umstritten wie seine Finanzierung. Die Regierungschefs waren sich nicht ein- mal darüber einig, wer von der Konjunktur- spritze profitieren soll, und ob sie in Form von Zuschüssen oder nicht rückzahlbaren Krediten ausgezahlt wird. Wirtschaftliche Spaltung Rasches Handeln wäre aber mehr als erfor- derlich. Während die nationalen Reaktionen der Regierungen enorm waren, birgt das Fehlen koordinierter Ausgaben das Risiko ei- ner ungleichmäßigen Erholung und erwei- tert die bestehenden wirtschaftlichen Spal- tungen in der EU. Denn während Länder wie Deutschland oder Österreich die Wirtschaft wieder hochfahren und immer neue Stüt- zungsprogramme verkünden, herrscht in Frankreich, Italien und Spanien immer noch der Ausnahmezustand und ernste Sorge über die kommende Tourismus-Saison. Auch die Investoren an den Finanzmärkten wittern diese Gefahr und erhöhen den Freies Spiel der Kräfte? Nach dem Motto „Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen“ brachten die Noten- banken rund um den Globus nach Ausbruch der Corona-Krise ihre fiska- len Kanonen in Stellung, um die Mär- kte zu beruhigen und Regierungen Handlungsspielraum zu verschaffen. Doch das Spiel mit den freien Märk- ten ist ein Spiel mit dem Feuer. Wenn die Währungshüter die ehemalige Steuerungsfunktion von Zinsen über die Kapitalmärkte selbst übernehmen, können keine Rückschlüsse mehr über das bestehende Risiko eines Kredits gezogen werden. Eine der wichtigsten volkswirtschaftlichen Variablen, die über Investition oder Anlage entschei- det, hat damit ihren Informationsgehalt zu weiten Teilen eingebüßt. Zudem wächst mit jeder neuen Maßnahme die Gefahr, dass die unkontrollierte Liquiditätsschwemme der Währungs- hüter früher oder später zu einer au- ßerordentlichen Inflation führt, wenn das viele frische Geld auf ein nur sehr begrenztes Warenangebot trifft. Mai 2020 – GELD-MAGAZIN . 13

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