GELD-Magazin, April 2020

012345 Finanzkrise: Erinnerung an 1918 Krisengewinner: Online hebt ab BRENNPUNKT . Kurzmeldungen Spanische Grippe. Die ak- tuelle Krise an den Kapital- märkten wird oft mit der Situation 2008 vergleichen, die vielen Anlegern noch präsent ist. Carsten Roem- held, Kapitalmarktstratege von Fidelity International, ist aber überzeugt, dass wir nicht zwölf, sondern 102 Jahre zurückblicken sollten, um Anhaltspunkte für die kommenden Monate abzuleiten. Im Epizentrum steht aktuell die Tourismus- und nicht wie 2008 die Bankenbranche. Der Ausbruch des Coronavirus sei wie die Grippepandemie von 1918/19 eine ereignisbezogene Krise. Damals dauerte die Rezession sieben Monate, obwohl der zweiten Infektionswelle im Herbst 1918 mehr Menschen zum Opfer fielen als der ersten. Während der Pandemie in den vom ersten Weltkrieg geprägten Jahren wurde ein Drittel der Weltbevölke- rung infiziert; fünf Prozent starben (im Bild mit Schutzmasken ausgestattete Po- lizisten in Seattle/USA). Die Finanzkrise 2008 war hingegen eine Bilanzrezession, die durch den Zusammenbruch des Immobiliensektors und den Vertrauensver- lust in den Finanzsektor ausgelöst wurde. Das relativ optimistische Fazit des Ex- perten lautet: „Noch ist unklar, wie schnell das Corona-Virus eingedämmt wer- den kann. Ereigniskrisen waren aber bisher deutlich kürzer und haben sich schneller erholt als zyklische und strukturelle Krisen. Tourismusbranche und Einzelhandel sind stark betroffen, sie können sich aber schnell wieder erholen.“ Amazon, Video-Games & Co. Die Welt ächzt unter der Corona-Krise, es gibt aber auch Unternehmen, die durchaus von der Pandemie profitieren. Innerhalb von nur zwei Wochen verzehnfachte sich etwa die Nachfrage nach Amazon Fresh auf Google in Deutschland. Unterdessen ist es nicht nur der Lebensmittel- Lieferdienst aus dem Hause Amazon, der von den Kunden genutzt wird. 25 Pro- zent der US-Bürger gaben an, inzwischen allgemein mehr im Internet zu bestel- len. Aber auch Online- Spiele dürften jetzt durch die Quarantäne-Situation einen deutlichen Schub erhalten: Bis zum Jahr 2024 könnten aktuellen Prognosen zufolge be- reits rund 1,73 Milliar- den Nutzer weltweit mo- bile Gaming-Angebote nutzen. 2017 waren es lediglich 1,17 Milliarden Spielwütige. Suche nach Impfung. Aktu- ell steigen nicht nur die In- fektionsraten stark an, son- dern auch die Forschungser- gebnisse zu Covid-19. Laut der Weltgesundheitsorgani- sation WHO wurden bis zum 19. März weltweit mehr als 1.500 Arbeiten und Artikel über das Coronavirus veröf- fentlicht. Ein solches Forschungsvolumen und der rasche Fortschritt in den verwandten Technologien ist ermutigend bei der Suche nach einem neuen Impfstoff und könnte auch die Zeit bis zur Marktein- führung drastisch verkürzen: Die WHO rechnet mit etwa 18 Monaten – ein enormes Tempo, wenn man die durchschnittliche Entwicklungszeit von etwa 10,7 Jahren betrachtet. „In den letzten Jahrzehnten haben Gesundheitstechnologie und pharmazeu- tische Industrie bedeutende Durchbrüche erzielt und große Fortschritte bei Seuchenbekämpfung und -prävention gemacht“, so Aanand Venkatramanan, ETF-Experte bei Legal & General Investment Ma- nagement (LGIM). Thematisch ausgerichtete Fonds könnten Anlegern wiederum Zugang zu dieser Ent- wicklung geben. Skrupelloser Handel. Traurig aber wahr: Alleine im März stellte Europol 4,4 Millionen Stück an ge- fälschten Medikamenten, Impfstoffen und Atem- schutzmasken zur Prävention und Behandlung von SARS-CoV-2 in über 90 Ländern sicher. Bei den auf- gegriffenen Fälschungen handelt es sich vor allem um Arzneimittel gegen Virenerkrankungen sowie Antibiotika, Paracetamol, Ibuprofen und Medika- mente zur Behandlung von Malaria. Pharmig (Inte- ressenvertretung der österreichischen pharmazeu- tischen Industrie) spricht jetzt eine eindringliche Warnung vor dieser skrupellosen Geschäftemache- rei aus. Denn die Gefahr, die von gefälschten Präpa- raten ausgeht, sei enorm, da sie keinerlei Qualitäts- kontrolle unterliegen. Ob sie wirken, werde überdies weder untersucht noch geprüft. Credits:Archiv; begestellt; pixabay Corona: Forschung auf Hochtouren Aanand Venkatramanan, Head of ETF Investment Strategies bei LGIM DIE ZAHL DES MONATS 4.400.000 6 . GELD-MAGAZIN – April 2020

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