GELD-Magazin, April 2020

Credit: beigestellt MÄRKTE & FONDS . Anleihen-Strategien Wie haben Sie die Coronakrise in Ihren Ren- tenfonds gemanagt? Wir erlebten in den letzten sechs Wochen einen dra- matisch schnellen Einbruch des Risikosentiments, den wir historisch noch nicht gesehen haben. Die Coronakrise kann mit einer Naturkatastrophe ver­ glichen werden, auf die man nur reagieren kann. Dennoch haben wir noch zu Beginn des März un- seren Cash-Anteil erhöht, indem wir einige Anlei- hen von chinesischen Emittenten verkauft haben. Dass Anleger im weiteren Verlauf gar nicht mehr zwischen guten und schlechten Schuldnern unter- scheiden und alles wahllos verkaufen, haben wir nicht erwartet. Wie schätzen Sie die wichtigsten Segmente des Fixed Income-Bereichs derzeit ein? Es ist mehr eine Frage der Branche bzw. des Sektors, als die des einzelnen Fixed Income-Bereichs. Einige Rentensegmente, wie IG-Staats- und IG-Unterneh- mensanleihen, werden bevorzugt durch die neuen Notfallprogramme (QE) der EZB und FED gestützt. HY Corporate Bonds und EM Debt sind geprägter durch den Energie- und Rohstoffsektor und werden nicht von den Zentralbanken gestützt. Hier könnte es vorerst schwieriger werden. Historisch hat sich je- doch gezeigt, dass die Stabilisierungsmaßnahmen der Zentralbanken mit Zeitverzug auch die mehr risikobehafteten Rentensegmente beeinflussen. In welchen Segmenten sehen Sie interessante Chancen auftauchen? IG Corporate Bonds, HY Corporate Bonds und auch EM Debt bieten im historischen Kontext den größten Value. Hier handeln die Risikoprämien bereits bis zu fünf Standardabweichungen entfernt zum Mittel- wert. Da wir als Antizykliker der Überzeugung sind, dass es am Anleihenmarkt eine Mean-Reversion gibt, dies bedeutet, dass sich die Bewertung der Risiko- prämien über kurz oder lang wieder dem Mittelwert annähert, sehen wir hier die größten Opportuni- täten. Es kommt jedoch auf die Branchen bzw. auf die Einzeltitelselektion an. Viele Titel sind panik­ artig in Mitleidenschaft gezogen worden, z.B. Tele- kommunikation oder Pharmabonds. Hier werden wir zuerst hinschauen. Wie haben sich damit die Portfoliogewichte verschoben? Wir sind in unseren StarCapital-Anleihefonds so- wohl in Staats-, Unternehmens- und EM Bonds als auch in defensiven High Yield Anleihen engagiert. Wir folgen jedoch keiner Benchmark und haben so- mit keine starren Vorgaben. Unser Fokus richtet sich auf das Crossover-Ratingsegment mit BBB und BB Ratings. Dieser Ratingschwerpunkt tut uns in der aktuellen Marktlage weh, langfristig kann man je- doch in diesem Ratingsegment die attraktivsten risi- koadjustierten Erträge erwirtschaften. Adam Choragwicki, Leiter Rentenfondsmanagement BB StarCapital . INTERVIEW „Die Stabilisierungs­ maßnahmen der Zen­ tralbanken beeinflussen mit Zeitverzug auch die stärker risikobehafteten Rentensegmente.“ schen, strukturell unter Druck stehenden Bereichen nur gering gewichtet. Im Verlauf des Monats März haben sich die Spreads (Risikoaufschläge) um gut 400 Basispunkte nach oben auf bis zu neun Prozent bewegt, was wir lange nicht mehr gesehen haben. Dafür sehen wir neue Opportunitäten im ‚Fallen Angels‘-Segment, das jene Unterneh- men repräsentiert, die in ihrem Rating von Investment Grade (IG) auf Junk-Status ab- gerutscht sind. Gorodilov verteidigt die starke Gewichtung im Banken- und Tele- komsektor. „Wir glauben, dass sich die Ban- ken eine weitaus bessere Position erarbeitet haben, ganz im Gegensatz zur letzten groß- en Finanzkrise 2008. Der defensive Tele- komsektor wiederum wird von Staatshilfen profitieren. Doch es gibt auch Positives: Die Refinanzierungserfordernisse im HY-Sektor sind derzeit gering, da viele Unternehmen eine Verlängerung der Laufzeiten zu günsti- geren Zinsen noch rechtzeitig genutzt ha- ben. Bis die nächsten Fälligkeiten eintreten, sollten sich viele dieser Unternehmen be- reits wieder erholt haben. Schwellenländer im Fokus Auch Emerging Markets (EM) Bonds muss- ten schwere Verluste hinnehmen. Gabriele Nopp-Rau, Fondsmanagerin des KEPLER Emerging Markets Rentenfonds, erläutert ihr Sicherheitskonzept: „Wir investieren ausschließlich in Staatsanleihen in harter Währung. In den Schwellenländern haben die Notenbanken bereits mit Zinssenkungen und die Regierungen mit Konjunkturpro- grammen auf die Corona-Krise reagiert. Zu- dem dürfe die Auswirkungen der Pandemie in Ländern mit einer durchschnittlich jun- gen Bevölkerung geringer sein – das trifft z.B. auf Afrika zu und könnte Chancen er- öffnen.“ Das Thema der zu erwartenden Staatsverschuldung und des Budgetdefizits ist von großer Bedeutung. Bei einigen Län- dern wird diese besonders stark ansteigen und in den nächsten Wochen genau zu ana- lysieren sein. Auch Staatsanleihen aus dem High Yield-Bereich (Rating von B oder nied- riger) werden beigemischt. Aktuell mit ei- ner Gewichtung von etwas über 30 Prozent ähnlich wie in der Benchmark. 42 . GELD-MAGAZIN – April 2020 Edmond de Rothschild Fund Emerging Credit (I-USD)

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