GELD-Magazin, April 2020
Wie haben Sie die Fonds in diesem diffizi- len Umfeld positioniert? Das Sicherheitsbedürfnis der Anleger trieb sie während der Krise in Liquidität – risiko- behaftete Assets wurden querbeet und pa- nikartig verkauft. Einen brutalen Sell Off gab es besonders bei Anleihen mit Risikoauf- schlägen, wie Unternehmens- und Schwel- lenländeranleihen. Die Spreads haben sich von Tiefstständen auf ein rezessionstypi sches Niveau ausgeweitet. Der Markt stand - ähnlich wie in der Finanzkrise 2008 - kurz davor, völlig „auszutrocknen“. Das ist auch der Grund, warum wir für offensive Positio- nierungen in „Risky Assets“ noch keine Ver- anlassung sehen. Erst, wenn die Zahl der Co- rona-Infizierten abnimmt und ein Ende des Stillstands in der Wirtschaft absehbar ist, werden wir Überlegungen dazu anstellen. Derzeit liefert uns die Behavioral-Finance- Analyse ein Stimmungsbild mit hohem Pessi- mismus, der über den Anstieg der Volatili- tätsindikatoren und der Put-Aktivität erklärt werden kann. Die mittelfristige Stimmung der Anleger zeigt sich jedoch weniger pessi- mistisch. Daher halten wir die Gewich- tungen bei den Assetklassen unverändert bei – also eine Untergewichtung in europäischen Staatsanleihen und eine Übergewichtung in inflationsgeschützten Anleihen. Durch die geldpolitischen Interventionen der amerika- nischen und der europäischen Zentralbank stiegen die Inflationserwartungen erheblich an. Die Investoren antizipieren, dass die ul- tra-lockere Geldpolitik verstärkte Inflation bewirken könnte. Bei High Yields, Unterneh- mens- und Emerging Markets-Anleihen sind wir neutral positioniert. Hier halte ich das gegenwärtige Niveau für wieder attraktiv. Was halten Sie derzeit von den Aktien- märkten? Die wirken regelrecht ausge- brannt. Die amerikanischen Börsen verzeichneten noch Mitte Februar neue Höchststände. Da- rauf folgten innerhalb von vier Wochen Kursrückgänge von rund 30 Prozent. In der letzten Märzwoche stellte sich dann die größte Kurserholung seit 1938 ein. Vor die- sem Hintergrund kletterte der CBOE-Volati- lity-Index (VIX), eine als „Angstindikator“ bekannte Messgröße für die erwarteten Kursschwankungen im S&P 500, auf den höchsten Stand seit 2008. Die Investoren sind derzeit sehr nervös. Niemand hat letzt- lich eine Ahnung, wie lange der Stillstand noch dauern wird und wie dramatisch die kurz- und langfristigen Auswirkungen auf das globale Wachstum sein werden. Die Schätzungen für das Gewinnwachstum sind derzeit sicher zu hoch und müssen wohl revidiert werden. In diesem Umfeld ist es für uns deshalb noch zu früh, um über Aktienkäufe nachzudenken. Erst wenn sich eine erfolgreiche Eindämmung der Krise ab- zeichnet, können wir deren Folgen besser abschätzen. Bis dahin bleiben wir weiter neutral gewichtet. Der MSCI-Emerging-Markets-Index zeigte sich im abgelaufenen Monat im Vergleich zu den entwickelten Märkten schwächer. Die Abhängigkeit von Rohstoffexporten hat viele Länder und Unternehmen aus den Emerging Markets hart getroffen. Zusätzlich kamen die Währungen dieser Länder deut- lich unter Druck. Andere Bereiche profitie- ren wiederum stark vom Verfall der Roh- stoffpreise – beispielsweise kommen China und Indien die gesunkenen Ölpreise zugute. Dies widerspiegelt sich auch in den unter- schiedlichen Börsenentwicklungen - für z.B. Brasilien heuer mit minus 48 Prozent und für China mit minus zehn Prozent. Viele Zentralbanken in den Emerging Markets ha- ben die Zinsen gesenkt. Mit massiven Liqui- ditätsspritzen wird zudem die Wirtschaft unterstützt. Positive Signale sind bereits in China und Hongkong zu sehen, wo man wieder zum wirtschaftlichen Alltag zurück- kehrt. www.kepler.at Unsere Behavioral Finance-Analyse zeigt einen momentan hohen Pessimismus. Mittelfristig ist die Stimmung jedoch weniger schlecht. Kepler-Fonds KAG Die in Österreich viertgrößte Kapital- anlagegesellschaft ist in Linz ansäs- sig und gehört zur Raiffeisenlandes- bank Oberösterreich. Sie wurde 1985 gegründet und verwaltet mittlerwei- le in 135 Investmentfonds ein Volu- men von 17,25 Milliarden Euro. Für das Asset Management sind unter Chief Investment Officer Uli Krämer 27 Portfoliomanager verantwortlich – im Anleihenbereich 15 Mitarbei- ter unter der Leitung von Kurt Eich- horn, im Aktienbereich sechs Mit- arbeiter unter der Ägide von Rudolf Gattringer und im Asset Management und der Fondsselektion ebenfalls sechs Mitarbeiter unter der Leitung von Roland Himmelfreundpointner. V.l.n.r.: CIO Uli Krämer, Martina Mitterndorfer, Heinrich Hemetsberger, Roland Himmel- freundpointner, Josef Falzberger und Thomas Etzlsdorfer. Marina Pawelka und David Striegl sind nicht im Bild. Das Asset Allocation-Team: April 2020 – GELD-MAGAZIN . 31
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