GELD-Magazin, April 2020

mit positiven Wachstumsraten der Weltwirt- schaft“, meint Friedrich. Sodass im Jahr 2022 das globale Bruttoinlandsprodukt das Vorkrisenniveau erreichen oder übertreffen sollte. Christian Nemeth, Vorstandsmitglied der Zürcher Kantonalbank Österreich, geht davon aus, dass die Weltwirtschaft 2020 um 1,5 Prozent schrumpfen wird: „Nach wie vor erwarten wir jedoch eine gewisse Belebung in der zweiten Jahreshälfte, wenn die Maß- nahmen schrittweise wieder zurückgenom- men werden.“ Jens-David Lehnen, von der Raiffeisenlandesbank NÖ Wien, schätzt die Situation ähnlich ein: „Aufgrund der Coro- na-Krise wird die Weltwirtschaft sehr wahr- scheinlich in eine tiefe, aber wahrscheinlich auch kurze Rezession fallen und sich danach stark erholen. Das Ausmaß einer entspre- chenden Schrumpfung könnte ähnlich groß oder sogar größer sein als nach dem Leh- man-Schock. Auf der anderen Seite können wir zusätzliche und außergewöhnliche Maß- nahmen der Regierungen und Zentralban- ken erwarten, um den wirtschaftlichen Ab- schwung abzuschwächen.“ Investments für Mutige Wie sehen nun die Auswirkungen auf die Börsen aus? Helmut Siegler, Vorstandsmit- glied der Schoellerbank, meint dazu: „Wir sind der Meinung, dass die Märkte nun end- gültig in unruhigeres Fahrwasser geraten sind und die Volatilität nicht so schnell wie- der auf Vorkrisenniveaus sinken wird. Das eröffnet auch Chancen für langfristig orien- tierte Investoren. In diesem Umfeld sind viele Titel zu attraktiven Preisen zu haben. Mutige Anleger sollten sich für Zukäufe be- reithalten.“ Der Experte setzt neben den westlichen Märkten in Nordamerika und Eu- ropa vor allem auf die aufstrebenden asia- tischen Nationen: „Diese waren schon vor der Krise deutlich günstiger bewertet als die westlichen Aktienmärkte. Doch der Haupt- teil des Portfolios ist in die europäischen und amerikanischen Blue-Chips investiert. Wir bevorzugen Titel und Sektoren mit guter Profitabilität und soliden Bilanzen. Das sind vor allem Gesundheitswerte, Basis- konsum, Informationstechnologie und Kom- munikationsdienste.“ Für Manfred Huber, Gold: Kein Renner An der Erstellung der „Investment- Ampeln“ für das GELD-Magazin ha- ben fünf Privatbanken teilgenommen: Kathrein, Liechtensteinische Landes- bank (Österreich), Zürcher Kanto- nalbank (Österreich), Schoellerbank und Raiffeisenlandesbank NÖWien. Bemerkenswert ist, dass auch trotz der historischen Corona-Krise und den schweren Verwerfungen an den Börsen kein automatisches „Finger weg“ von Aktien propagiert wird. Statt- dessen werden vor allem Qualitätsti- tel als „spannend“ bezeichnet, ohne die Gefahren von Kursschwankungen zu verschweigen. Ebenfalls interes- sant: Gold wird nur als mittelmäßig attraktiv genannt. Die aufgeschlüssel- ten Ergebnisse der Investmentampeln finden Sie auf den Seiten 24 und 25. „High Visibility der Gewinne ist für unsere Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung.“ Manfred Huber, Vorstandsvorsitzender Euram Bank Vorstandsvorsitzender der Euram Bank, liegt das Augenmerk „traditionell in einer Ti- telauswahl von ertragsstarken Unternehmen mit überdurchschnittlichen Wachstumsaus- sichten. High Visibility der Gewinne ist für unsere Anlageentscheidung von wesent- licher Bedeutung – diese finden wir speziell in den Bereichen Gesundheitswesen, Nah- rungsmittel, Versorger und Güter des täg- lichen Gebrauchs vor.“ Der Profi weiß natür- lich, dass es verstärkt zu Einnahmeausfällen kommen wird, sodass einige Unternehmen ihre Schulden nicht mehr bedienen werden können. „Ob ein derartiges Unternehmen dann von einem „Lender of Last Resort“ auf- gefangen wird oder nicht, können wir aus heutiger Sicht nicht prognostizieren. Was wir jedoch sagen können: Das Rennen wer- den die schnellsten, die fittesten und jene mit den meisten Eigenmitteln machen. Wie bereits in Zeiten vor Corona brechen wir eine Lanze für finanzstarke Unternehmen, wir sind Stock- und Bond-Picker. Wenn wir einen Titel attraktiv befinden, gilt das für Aktien und Anleihen dieser Gesellschaft.“ Auf Qualität setzen Man könnte zusammenfassen, dass ein gutes Unternehmen ein gutes Unternehmen bleibt, mit oder ohne Corona. Ob tatsächlich schon ein vernünftiger Einstiegszeitpunkt gekommen ist, muss jeder Investor selbst entscheiden. Nemeth von der Zürcher Kant- onalbank meint: „Ein wichtiges Signal für den Aktienmarkt wäre eine Abflachung der Infektionsraten, dies würde sicher eine Ent- spannung bringen.“ Zu seinen Favoriten zählen, wie bei den anderen Experten auch, Qualitätstitel vor allem aus den defensiven Bereichen. Credit: beigestellt 26 . GELD-MAGAZIN – April 2020 BANKING . Strategie der Privatbanken

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